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Sex ist Training. Ann-Marlene Henning (rechts) gibt sehr praktische Tipps, wie Mann und Frau zum Höhepunkt kommen können. Foto: MDR

© MDR/gebrueder beetz filmprodukti

Ratgeber Sex: Make Love, not Volksmusik

Der MDR traut sich was: Eine fünfteilige Doku zeigt, wie Frau und Mann Liebe machen lernen können. Tabulos, ernsthaft, konkurrenzlos.

Zuweilen ist die Profession des Fernsehkritikers unbehaglich. Wenn eine Produktion gegen seine Kritiker verteidigt werden muss. Oder der Kritiker nimmt an, er müsse es verteidigen. Wie bei „Make Love – Liebe machen kann man lernen“. Es geht um Sex. Vollkommen alltäglich und doch auch wieder nicht, jedenfalls nicht in den dritten Programmen der ARD. Das vom MDR angeschobene und vom SWR mitverantwortete Format bringt das Thema vor Augen und Ohren seiner Zuschauer. Über fünf Teile, der MDR startet am 3. November, der SWR am 6. November, treu begleitet von Internet und Radio der beiden ARD-Sender.

Die Dokumentation, produziert vom dreifachen Grimme-Preisträger Christian Beetz, ist so klug und so vorsichtig, mit Statistiken das Thema auf die alles rechtfertigende Relevanzebene zu heben. Danach sind 49 Prozent der Frauen und Männer in Deutschland unzufrieden mit ihrem Sexleben, gar 50 Prozent reden mit ihrem Partner nicht darüber.

Das wollen MDR und SWR, die Paartherapeuten im ARD-Verbund, ändern. Sie haben dafür Ann-Marlene Henning engagiert. Die Dänin ist Neuropsychologin und Autorin des Sachbuches, das der Reihe den Titel gibt. Henning will den betroffenen Paaren und Zuschauern eine Anleitung zum Glücklichsein geben. Das Schweigen muss gebrochen, die Kommunikation angeschoben und die notwendige Technik Frau und Mann nahe gebracht werden. Schon die erste Folge, sie wurde gerade in Berlin gezeigt, nimmt dem Thema alles Schlüpfrige, Schmierige, Sabbernde.

Der Duktus ist nüchtern, der Ton passt zu einer Ratgebersendung – jede Kochshow im Dritten geht emotional steiler. Nähe (vulgo: Betroffenheit) wird trotzdem gesucht. Die dänische „Sex Super Nanny“ - die Älteren seien an Ruth Westheimer erinnert – spielt mit einem Paar dessen Probleme durch. Olli und Jessica aus Böblingen haben einmal in drei Monaten Sex. Gerne hätten sie mehr, aber, aber, aber. An diesen Merkpunkten greift Henning ein. Mit Worten, mit einer Stoff-„Mösette“ (heißt wirklich so), beispielhafte Realszenen mit einem Modellpaar kommen dazu. Beim Beckenbodentraining schwingen der Mann und sein Penis, die Frau schwingt mit, wenn sie nicht gerade ihre Vagina nach vorne stülpt. In späteren Folgen wird es um sexuelle Aufklärung, Singles, sexuelle Dysfunktion gehen. Konkret, mit Menschen wie Du und Ich. Wenn Uschi sich auf – genau– reimt. Sex-Exhibitionisten wurden schon beim Casting vor die Tür gebeten.

All das passiert im Dritten, dem Fernsehhort des Tümlichen. Dem Mitteldeutschen Rundfunk läuft das Image noch immer nach, die neue Dokureihe in der Verantwortung des Unterhaltungschefs Peter Dreckmann will ausstellen, dass diese Vergangenheit nicht die Gegenwart des Programms ist. Schöner Vögeln mit dem MDR! Wenigstens nach 22 Uhr, erst dann läuft das in seiner freizügigen Ernsthaftigkeit tabulose und konkurrenzlose Format.

„Make Love – Liebe machen kann man lernen“, MDR-Fernsehen, ab 3. November, fünf Folgen, immer sonntags um 22 Uhr 20; SWR-Fernsehen, ab 6. November

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