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© Michael_Wenda

RAUBKOPIERER: Ausgesperrt

Leben ohne Internet? Frankreichs Gesetz gegen Raubkopierer und illegale Downloads wirft Probleme auf.

Das französische Verfassungsgericht hat einer mehrfach revidierten Version der Gesetzgebung zum Kampf gegen das illegale Herunterladen von urheberrechtlich geschützten Werken aus dem Internet seinen Segen gegeben. Über zwei Jahre stritten sich Regierung und Opposition um die Frage, auf welche Weise den Internetpiraten in Frankreich das Handwerk gelegt werden kann. Musik- und Filmbranche, die einen erschreckenden Rückgang des Geschäfts über ihre traditionellen Verkaufskanäle beklagen, übten massiven Druck auf die Regierung aus. Während in anderen Ländern die Justiz Verstöße gegen die Autorenrechte durch Raubkopien mit den üblichen Mitteln wie Geldbußen oder im Extremfall Haft bestrafen soll, wählte Frankreich den Weg eines schrittweisen Vorgehens, das Sanktionen erst nach dem Scheitern pädagogisch gemeinter Mahnungen vorsieht.

An dieser Methode der mehrfachen Warnungen vor der Bestrafung hält die Gesetzgebung fest. Dazu wird eine neue Behörde geschaffen mit dem Namen „Hadopi“. Es handelt sich um eine Abkürzung für die Bezeichnung „Haute autorité pour la diffusion des œuvres et la protection des droits sur Internet“. „Hadopi“ ging in den Sprachgebrauch ein als Name für das Gesetz gegen illegale Downloads. „Hadopi I“, eine nach hitzigen Parlamentsdebatten von einer knappen Mehrheit gebilligte erste Vorlage, fiel bei der Prüfung durch das Verfassungsgericht durch. Die Richter bemängelten vor allem, dass der neuen Behörde Kompetenzen bei der Überwachung und Bestrafung von fehlbaren Internetkonsumenten zuerkannt würden, die nur der Justiz zukommen. Diesen Einwänden hat nun die im Eiltempo verabschiedete Version „Hadopi II“ Rechnung getragen und das grüne Licht der Verfassungsrichter erhalten, um 2010 in Kraft zu treten.

Die neue Internetaufsicht darf im Bereich des Datenaustauschs direkt von Nutzer zu Nutzer Informationen sammeln, um Raubkopierer und illegale Anbieter von geschützten Werken über ihre IP-Adresse im Netz aufzuspüren. Sie kann diesen dann eine erste Mahnung zukommen lassen und, falls die Betroffenen uneinsichtig ihr Treiben fortsetzen, sechs Monate später per Einschreibebrief eine explizite Warnung schicken. Denn für die dritte Stufe ist nun die Justiz zuständig. Sie kann anordnen, dass ein Bürger, ein Haushalt oder eine Firma vom Internet ausgeschlossen wird.

Diese Sperre kann bis zu einem Jahr dauern, während dieser Zeit müssen die Bestraften jedoch weiterhin ihrem Provider Zugangsgebühren bezahlen. Diese könnten nicht mitverantwortlich für das Fehlverhalten ihrer Kunden gemacht werden. Die auf diese Weise Bestraften müssen auf einer Liste erfasst werden, um zu verhindern, dass sie sich einfach bei der Konkurrenz einen neuen Zugang verschaffen. Wer übrigens auf fahrlässige Weise mit ungesicherten Internetverbindungen Dritten die Möglichkeit zu illegalem Treiben erleichtert, kann ebenfalls, aber höchstens für einen Monat, gesperrt werden.

Das Gesetz wirft einige Fragen auf. Wie soll konkret bei einem der heute üblichen sogenannten „Triple-play“-Abonnements (bestehend aus Highrate-Internet, Fernsehen und Telefon) nur der Zugang zum Datenaustausch gesperrt werden? Das ist zwar theoretisch möglich, technisch aber sehr aufwendig. Computerexperten wenden außerdem ein, es sei dank drahtloser Internetverbindung oder schlicht im Internetcafé an der Ecke jederzeit möglich, sich im Netz einzuloggen und kopierte Dateien mit einem USB-Datenträger nach Hause zu nehmen. Mit solchen technischen Komplikationen mussten sich die Weisen des Verfassungsgerichts nicht befassen.

Rudolf Balmer[Paris]

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