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Rezension zu "Wetten, dass...?": Markus Lanz macht Schluss

Kurz vor knackig erklärte Markus Lanz das Ende von "Wetten, dass...?" nach 33 Jahren Sendung. Die vergangene Show war jedoch nur ein Abglanz ihrer selbst, untermalt mit Schlagermusik.

Kurz vor 23 Uhr wurde es dann doch eine historische Ausgabe von „Wetten, dass...?“, da war plötzlich klar, dass man gerade die viertletzte Sendung gesehen hatte: Markus Lanz verabschiedete sich bis zum 4. Oktober, bis zu den letzten drei Ausgaben von „Wetten, dass...?“. Am 13. Dezember ist es dann endlich vorbei.

Aber um kurz vor 23 Uhr hatte es Markus Lanz auch schon nicht mehr selbst in der Hand, einige Minuten später verschickte das ZDF die offizielle Pressemitteilung, „Spiegel Online“ brachte eine Eilmeldung – es herrschte plötzlich ein wenig Aufregung, weil eine Sache verkündet wurde, mit der eigentlich jeder gerechnet hatte, es war nur noch eine Frage der Zeit und auch eine Frage der Art und Weise.

Doch der Umgang mit dem Ende von „Wetten, dass...?“ hinterlässt einen ähnlich bitteren Beigeschmack wie der Umgang mit der Sendung seit dem Rücktritt von Thomas Gottschalk. ZDF-Programmdirektor Norbert Himmler, der zu Beginn fest an der Seite von Lanz stand, wird so zitiert: „Wir haben gemeinsam entschieden, dass wir noch die drei geplanten Ausgaben in 2014 machen. Danach ist Schluss. In den letzten Jahren hat sich im Showbereich sehr viel verändert. Das trifft alle Sender und Unterhaltungsprogramme, besonders hart aber „Wetten, dass...?“ als traditionsreichste Show in Deutschland. Der Rückgang der Zuschauerzahlen zeigt, dass sich die Sehgewohnheiten verändert haben und das Format an Anziehungskraft verloren hat. Es ist uns nicht leicht gefallen, einen Klassiker wie „Wetten, dass...?“ vom Schirm zu nehmen. (...) Großen Respekt habe ich vor der Leistung von Markus Lanz, der Redaktion und dem Produktionsteam.“

Noch mal: Das sagt der Programmdirektor. Der damit alle Schuld von sich weisen will. Der das Ende von „Wetten, dass...?“ wie eine Naturkatastrophe beschreibt, gegen die man als Fernsehmacher machtlos ist. Hat sich halt viel geändert. Ach. Und warum sollte das ausgerechnet „Wetten, dass...?“ am härtesten treffen? Vielleicht, weil seit Jahren sehr viele Menschen, sehr viele Fehler gemacht haben? Zum Beispiel Norbert Himmler?

Dass aber nun die Ausgabe, in der das Ende verkündet wurde, nicht dafür genutzt wurde, einfach mal etwas zu wagen (weil es doch eh egal ist), das kann einem wahrscheinlich auch nur Himmler erklären. Den würde man tatsächlich gerne fragen – er saß ja in der ersten Reihe – ob er sich gut amüsiert hat, bei dieser Betriebsfeier des deutschen Mittelmaßes, die da am Samstagabend veranstaltet wurde. Die Verantwortlichen hätten auf dem Vulkan tanzen können mit ihrem Wissen – stattdessen gab es Hochzeitswalzer und Hula-Hoop.

Kerkeling, Böhmermann oder gar Joko und Klaas

Sie hätten zum Beispiel, weil er eh da war, Hape Kerkeling um viertel nach acht die Showtreppe runterkommen lassen können. Kerkeling war nach Gottschalks Rücktritt der Wunschkandidat, allerdings zeigte die Show dann, dass er es wohl auch nicht gekonnt hätte. Oder man hätte völlig ausflippen können und Jan Böhmermann oder Joko und Klaas die ersten zehn Minuten geben können, einfach so, als Gag, warum denn nicht?

Stattdessen: alles wie immer – alles, was eh nicht funktioniert, ein Markus Lanz, der sich wahrscheinlich auch die ganze Zeit gefragt hat, warum er sich noch Mühe geben sollte – er gab sich keine mehr, stattdessen hibbelte er oft mit dem rechten Bein rum. Glaubte der Mann sich wohl selber, als er eine „A-Mannschaft“ an Gästen ankündigte? Veronica Ferres? Anastasia? Guido Maria Kretschmar?

Immerhin waren dann auf dem Sofa die großen Missverständnisse der deutschen Fernsehunterhaltung versammelt – ohne Not moderierte auch noch Ina Müller die Außenwette. Ja – „Wetten, dass...?“ hat es wirklich hart getroffen, und das so ganz schuldlos, oder, Herr Himmler?

Die Faszination ist lange vorbei

Wahrscheinlich war es auch ein Versehen, für das keiner was kann, dass die Kandidaten plötzlich mit Einspielfilmen vorgestellt wurde, bei denen man immer darauf wartete, dass einer sagt: „Ich schaff das! Ich schlag den Raab!“ Allerdings hatten in den vergangenen Ausgaben die Kandidaten auch schon spürbar keine Lust mehr auf die Sendung – die drei Jungs aus Kiel, die da am Samstagabend Wettkönige wurden, sind da eine Ausnahme. Als die Saltos machend ein Getränk ausschlürften, hatte man als Zuschauer eine Ahnung davon, worin einmal die Faszination von „Wetten, dass...?“ lag. Aber das ist lange her.

Und natürlich war Markus Lanz der falsche für diesen Job – auch diesmal sagte er bei jeder Zeitlupe „schöne Bilder“, als ob es darum jemals gegangen sei; auch diesmal erklärte er bei dem einzigen Hollywood-Gast, Cameron Diaz, wie „normal“ und „nett“ die doch sei – als ob das ein Gütesiegel wäre, als ob man einen Hollywood-Star einfliegen lässt, damit er dann „normal“ und „nett“ ist. War Michael Jackson normal und nett? Mickey Rourke? Will Smith?

Normal und nett waren nur die Gäste

Und auch diesmal flippe Lanz aus, als er erfuhr, dass Cameron Diaz auch „deutsches Blut“ in ihren Adern habe. Irre! Sachen gibt’s! Leider vergaß er, die Frau nach ihren Deutschkenntnissen zu fragen, was er ja sonst bei keinem internationalen Gast versäumt – aber dreimal kann er ja noch. Dreimal kann er auch noch mal versuchen, einem Star eine bescheuerte Mütze auf den Kopf zu setzen: leider gewann Diaz (Zitat Lanz: „Eine wilde Hummel, wie man in Deutschland sagt“) ihre Wette, weshalb ihr das Tom-Hanks-Schicksal erspart blieb. Und Norbert Himmler hat also auch großen Respekt vor der Redaktion, die alle Fehler doppelt und dreifach gemacht hat.

Schlagerstadl statt Star-Adel

Was war sonst in dieser Ausgabe, die durch die letzte Minute zu einer historischen wurde? Der deutsche Schlager bereitet sich immer mehr dort aus, wo mal Robbie Williams für Teenager-Hystrie sorgte; Veronica Ferres wird Carsten Maschmayer heiraten; wenn eine Frau namens Anastacia auftritt, vermeldet Lanz, dass sich „die Weltstars die Klinke in die Hand drücken“; Annette Frier sah aus wie Marijke Amado in den 80er Jahren; es gab bereits keine Stadtwette mehr; niemand hatte zu irgendwas Lust. Wenn man es schon verpasst hat, in Würde abzutreten, dann könnte man doch wenigstens den Laden kurz und klein hauen.

Es gab einen Moment der Wahrheit, einen kurzen, großen Moment. Das war bei diesem dämlichen Trampolingehopse. Da sah es aus, als würde Markus Lanz mit aller Wut seine Moderationskarten kaputt trampeln wollen. Schöne Bilder. Das wars.

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