zum Hauptinhalt
Rot und Rock. Monster Elmo, hier an der Seite seiner Serienpartnerin Julia Stinshoff, bekommt eine neue, tragende Rolle in der „Sesamstraße“.

© NDR/Uwe Ernst

Rot und Rock: Wer, wie, was...

Die „Sesamstraße“ hat mit Elmo einen neuen Star, die Titelmelodie aber bleibt: Wer nicht fragt, bleibt dumm.

Er ist rot, plüschig, hat den Charakter eines Fünfjährigen – und eine große Aufgabe steht ihm bevor: Elmo, einer der bisher eher im Hintergrund agierenden Stars aus der „Sesamstraße“, wird ab 1. Oktober durch die Sendung führen. Damit tritt er in große Fußstapfen, hatten doch vor ihm schon Berühmtheiten wie Liselotte Pulver alias Lilo und Manfred Krug diesen Part inne.

Die „Sesamstraße“, der Klassiker unter den Serien für Vorschulkinder, wird am 8. Januar 2013 in Deutschland ihren 40. Geburtstag feiern. Und wartet schon jetzt mit Neuerungen auf. Dazu zählt eine frische, poppige Version der Titelmusik: Lena Meyer-Landrut, die schon 2011 bei einem Gastauftritt in der „Sesamstraße“ ihren Eurovision-Gewinner-Song „Satellite“ gemeinsam mit Ernie und Bert sang, hat „Wer, wie, was“ neu interpretiert. In der Sendung taucht sie aber nicht auf.

Umso öfter wird man zukünftig Elmo sehen. Er soll der Serie wieder ein deutlicheres Profil geben. Vorher sei sie zu sehr in Einzelteile zerfallen, manchmal für den zuschaltenden Zuschauer gar nicht mehr als „Sesamstraße“ erkennbar gewesen, so „Sesamstraßen“-Redakteur Holger Hermesmeyer. Für die neue Staffel wurde die Sendung leicht gekürzt, die Struktur verändert. Und das rote Moderatorenmonster ist nun der sich durch die Sendung ziehende rote Faden.

In den 13 neuen Folgen, die montags um acht Uhr auf Kika laufen, wird Elmo im eigenen Baumhaus residieren, Gäste empfangen, Filme mit anderen „Sesamstraßen“-Stars präsentieren und Späßchen mit Partnerin Julia Stinshoff treiben. „Viele Schauspieler sind befangen im Umgang mit Puppen“, sagt Hermesmeyer. Die 37-jährige Schauspielerin, bekannt aus dem Comedyformat „Ladykracher“, hatte aber sofort einen guten Draht zu den Puppen. Hinter jedem großen Monster steht aber auch ein starker Puppenspieler. In diesem Fall ist das Martin Reinl, der zur Vorbereitung auf die Rolle Unterricht bei Elmos amerikanischem Puppenspieler und Stimmgeber nahm.

Und Lena Meyer-Landrut rockt den Titelsong.
Und Lena Meyer-Landrut rockt den Titelsong.

© dpa

Reinl verleihe Elmo, so Hermesmeyer, den richtigen Charme für die neue Position. In den USA, wo die „Sesamstraße“ 1969 auf Sendung ging, hat Elmo schon seit Langem eine viel gewichtigere Rolle inne. Er pflanzte mit der Präsidentengattin Michelle Obama Karotten und besuchte als erstes nicht menschliches Wesen den Bildungsausschuss des Kongresses, um sich für mehr musikalische Früherziehung zu engagieren. Das pädagogische Engagement für Vorschulkinder hat die „Sesamstraße“ bis heute nicht aufgegeben, Ende der 1960er leistete sie damit Pionierarbeit.

Das deutsche Konzept der Serie – 1978 startete der NDR eine eigene deutsche „Sesamstraße“ als Rahmenhandlung, die in Hamburg-Wandsbek produziert wurde – unterscheidet sich dennoch signifikant von ihrem amerikanischen Vorbild. Im Geburtsland der Serie ist es viel normaler, dass Zweijährige regelmäßig Fernsehen schauen. „Hierzulande widerspricht das der Vorstellung, ab wann Kinder vor den Fernseher gehören“, sagt Hermesmeyer. Sehr kleine Kinder hätten noch gar kein wirkliches Verständnis für eine Geschichte. Die Zielgruppe der deutschen Macher liegt darum vorrangig bei den Vier- bis Siebenjährigen. Die verschiedenen Figuren repräsentieren jeweils unterschiedliche Entwicklungsstufen, vom reiferen, etwas großspurigen Wolle bis zum kleinkindlicheren Finchen. Elmo, in den USA vom Charakter her etwa dreijährig, entspricht in Deutschland eher einem Fünfjährigen.

Von Anfang an war die Geschichte der Serie hierzulande wechselhaft. Ab 1976 wurde die amerikanische Rahmenhandlung nicht mehr gezeigt, unter anderem die Figur des in einer Mülltonne hausenden Oscar führte zu Protesten bei den Eltern. In der deutschen Variante gesellten sich zu den prominenten Charakteren wie Ernie, Bert und Kermit noch neue Figuren. Weil zwei dem deutschen Wesen entsprechende Puppen als Hauptdarsteller fungieren sollten, bereiste ein Puppenbauer der Henson Company auf der Suche nach Inspiration wochenlang Deutschland. So wurden Samson und Tiffy geboren. 1988 dann, nach einem Großbrand in den Hamburger Produktionsstudios, wurden neue Kulissen und Puppen eingeführt. Rumpel aus der Regentonne ersetzte Oscar.

2005 schied auch Tiffy aus. Dafür wurden Wolle und Pferd neue „Sesamstraßen“-Bewohner. Die Zeiten ändern sich, die Serie mit ihnen. Zu den neuen Folgen hat der NDR auch die „Sesamstraßen“-Internetseite neu konzipiert. Vorschulkinder können die Sendung virtuell erkunden. Zudem wird jeden Montag die aktuelle Folge online gestellt.

Trotz des stolzen Alters und der heute völlig veränderten Medienlandschaft mit diversen Kinderkanälen und Internetkonkurrenz – erfolgreich ist diese Serie noch immer. 140 Länder haben die „Sesamstraße“ weltweit bis heute ausgestrahlt. In Deutschland hat das Format in der Gruppe der Vorschulkinder zurzeit knapp 35 Prozent Marktanteil. Auch die NDR-Produktion „Eine Möhre für Zwei“, ein seit 2010 laufendes Spin-off der „Sesamstraße“ mit den Figuren Wolle und Pferd, findet sein großes Publikum. Zwischen 18 und 19 Uhr schalten teilweise über eine Million Zuschauer ein – etwa 50 Prozent von ihnen Erwachsene. Auch die dürfte der zottelige Elmo mühelos für sich einnehmen.

„Sesamstraße“, Kika, Montag, 8 Uhr

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false