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Sat.1-Umzug: Endstation Unterföhring

Der Hauptsitz des Senders Sat 1 wird von Berlin zur Pro-Sieben-Sat-1-Zentrale nach München-Unterföhring verlegt. Rund 350 von etwa 900 Mitarbeitern sind davon betroffen.

Am Ende ließen sie diejenigen zurück, die ihnen gerade die Zukunft ihres bisherigen Arbeitsplatzes in Berlin genommen hatten. Die Mitarbeiter hatten genug gehört von den Rechtfertigungen, von den vermeintlich aufmunternden Worten. Sie wollten das alles nicht mehr sehen und hören – vor allem aber wollten sie das letzte Wort haben, wenigstens dieses eine Mal. Grußlos verließen die rund 700 Mitarbeiter der Sender Sat 1 und N 24 am Donnerstagmorgen den Saal im Hotel Hilton am Gendarmenmarkt, nachdem Betriebsrat Ryszard Podkalicki die Betriebsversammlung für beendet erklärt und zum Protest aufgerufen hatte.

Der Hauptsitz des Senders Sat 1 wird von Berlin zur Pro-Sieben-Sat-1-Zentrale nach München-Unterföhring verlegt, rund 350 von etwa 900 Mitarbeitern sind davon betroffen. Das hatte Andreas Bartl, als Vorstand der German Free TV für Sat 1, Pro 7, N 24 und Kabel 1 verantwortlich, eine knappe halbe Stunde vorher verkündet. Zusammen mit Finanzvorstand Axel Salzmann, Sat-1-Geschäftsführer Matthias Alberti sowie Sat-1- und N-24-Geschäftsführer Thorsten Rossmann machte Bartl die schlechten Nachrichten endgültig, mit denen die Mitarbeiter schon länger gerechnet hatten. Ihre Tränen konnten sie trotzdem nicht verbergen.

Künftig werden nur die Zentralredaktion von Sat 1 („Frühstücksfernsehen“, „Sat-1-Magazin“), einige Techniker und der Nachrichtensender N 24, insgesamt rund 450 Mitarbeiter, in Berlin bleiben. Die restlichen Sat-1-Abteilungen werden mit den Sendern Pro 7, Kabel 1 sowie der Verwaltung und der Konzernkommunikation  spätestens 2009 unter einem Dach in Unterföhring vereint. Wer von den Mitarbeitern nicht mitgeht, soll eine „angemessene Abfindung“ bekommen.

Bartl rechtfertigte die „strategische Neuausrichtung“ durch die Wirtschaftskrise, die die Medienbranche mit „voller Wucht“ treffe – und erntete daraufhin laute Buh-Rufe von den Mitarbeitern. Sie sind überzeugt, dass die Vorstände den Konzerns selbst in den „Schlamassel“ manövriert haben. 2007 war die von den Finanzinvestoren KKR und Permira mehrheitlich getragene Pro Sieben Sat 1 Media AG durch die Übernahme der SBS Broadcasting Group zum zweitgrößten TV-Konzern Europas aufgestiegen, hatte sich dadurch aber hohe Kosten aufgeladen. „Und jetzt müssen wir darunter leiden“, sagte eine Mitarbeiterin empört.

In München soll den Berlinern zwar ein adäquater Arbeitsplatz garantiert werden – doch viele Sat-1-Mitarbeiter überlegen, ob sie Hauptstadt, Freunde und teilweise ihre Familie zurücklassen. Hört man sich auf der Versammlung um, wollen nur 150 Mitarbeiter umziehen. Die Mediengruppe streitet ab, auf diesem Weg Arbeitsplätze einsparen zu wollen. Gruppenweit sollen 225 von rund 3000 Stellen in Deutschland abgebaut werden.

Die Berliner Mitarbeiter wollen den Umzug nicht akzeptieren. „Unsere Anwälte werden prüfen, ob so ein Zwangsumzug überhaupt rechtlich zulässig ist“, sagte die Vorsitzende des Berliner Betriebsrats der Mediengruppe, Katrin Schulze. Viele der Mitarbeiter waren sauer, dass nicht der Vorstandsvorsitzende von Pro Sieben Sat 1, Guillaume de Posch, persönlich nach Berlin gekommen war. Er gab lediglich per Unternehmensmitteilung bekannt, dass die Mediengruppe in „einem schwierigen Markt umfeld“ einen „Integrationsprozess gestartet“ habe, „der die Marktposition entscheidend verbessern wird.“

Damit einher gehen auch Verände rungen in der Konzernleitung, wie Free-TV-Chef Bartl am Donnerstag bekannt gab. Sein neuer Mitgeschäftsführer wird Matthias Alberti, der mit nach München geht. Albertis Nachfolger als Sat-1-Chef wird Guido Bolten, bislang Geschäftführer bei Kabel 1. Thorsten Rossmann leitet künftig nicht nur N 24, sondern auch die Sat-1-Zentralredaktion, die in eine GmbH umgewandelt werden soll. Beide Sender sollen vom Potsdamer Platz aus produzieren, wo N 24 erst kürzlich seine Räume bezog.

Was mit den Sat-1-Räumen an der Jägerstraße passiert, ist noch unklar. Der Sender will das Haus so schnell wie möglich weitervermieten. Ob das geht, ist allerdings fraglich, denn die Sendergruppe hatte vor ihrem Einzug Fördergelder vom Land Berlin bekommen. Wirtschafts senator Harald Wolf will prüfen, ob diese Gelder zurückgefordert werden können, wenn der Konzern seine Bindungsfristen durch den Umzug verletzt. In den nächsten Tagen will Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit noch einmal mit de Posch sprechen, um den Umzug eventuell doch noch abwenden zu können.

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