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Medien: Satire, blau-weiß

Der „Scheibenwischer“ kommt erstmals aus Bayern

„Scheibenwischer“ kommt heute erstmals vom Bayrischen Rundfunk. Ausgerechnet. Franz Josef Strauß hatte der Satiresendung einst „politische Giftmischerei“ unterstellt. Ein „Scheibenwischer“ mit Schwerpunkt Tschernobyl wurde damals sogar abgeschaltet.

Doch die Zeiten haben sich geändert. „Wir haben seit 1998 gelernt, dass Rot-Grün konservativer sein kann als Schwarz-Gelb. Das ist doch eine erstaunliche Wandlung. Warum sollte das nicht auch bei einem Sender möglich sein?“ fragt Mathias Richling. „Extrem liberal“ sei der BR, geradezu „Brutstätte des Kaberetts“, meint Rudi Küffner, Pressesprecher des BR. „Schließlich hat mein Intendant (er heißt Thomas Gruber) mit Frau Reim (gemeint ist Dagmar Reim, RBB-Intendatin) die Abmachung getroffen, den ,Scheibenwischer’ zu retten. Die ARD wollte nicht mehr.“ Und überhaupt seien „Scheibenwischer-Chef“ Bruno Jonas und Gast-Kaberettist Richard Rogler auch Bayern. „Die sind Bayern?“ gibt sich Berufsschwabe Richling erstaunt. „Ich trenne immer zwischen Volk und Regierenden. Ich habe doch nichts gegen die Bayern, nur gegen die bayrischen Regierenden!“ Und die scheinen nichts mehr gegen politisches Kabarett zu haben, oder es ist ihnen noch nicht aufgefallen, was von ihrem Landessender koproduziert wird. Innenminister Günther Beckstein jedenfalls sitzt im Rundfunkrat.

Seine viel gelobte Stoiber-Persiflage wird Richling heute Abend nicht geben. „Ich nehme Abschied von Bundespräsident Rau: Die letzte Berliner Rede.“ So sei es. Allerdings aus Bayern, aus dem BR-Studio Unterföhring. Die Redaktion des „Scheibenwischers“ ist unter den Landessendern paritätisch aufgeteilt: eine Redakteurin vom RBB und eine vom BR, die gemeinsam für alle zehn Sendungen im Jahr verantwortlich sind. Ab heute also fünf Folgen „Scheibenwischer“ weiß-blau, bevor der RBB wieder die Schirmherrschaft über das einst gefürchtete Format übernimmt. Vielleicht sind ja auch die Kabarettisten handzahmer geworden. Das wäre furchtbar.

Scheibenwischer, ARD, 23 Uhr 02. Mit Bruno Jonas, Georg Schramm, Mathias Richling und Richard Rogler.

Dietrich Wolf Fenner

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