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Kein Grund zu klagen? Kussmünder und Kinderhände zeigt die "Titanic" in ihrer neuen Ausgabe auf der Soutane des Papstes. Die letzte Ausgabe war vom Landgericht Hamburg verboten worden.

© Promo

Satiremagazin "Titanic": Und ewig lockt der Papst

Die letzte Ausgabe der "Titanic" hat der Papst verbieten lassen. Jetzt wagt das Satiremagazin einen neuen Versuch. Ob sich Benedikt XVI. davon wieder provoziert fühlt?

Die „Titanic“ versucht es erneut. Wenn an diesem Freitag die neue Ausgabe des Satiremagazins erscheint, ist wieder der Papst auf dem Titelbild zu sehen – in der gleichen Pose, wie in der Ausgabe zuvor, die Benedikt XVI. verbieten ließ. Dieses Mal ist auf Schritthöhe der Papst-Soutane jedoch kein großer gelber Fleck zu sehen, sondern ein Kussmund, dazu Abdrücke von mit Fingerfarbe beschmierten Kinderhänden, der Papst selbst hat eine rote Flüssigkeit an den Händen. Dazu die Überschrift: „Kein Grund zu klagen: Der Papst bleibt sauber“.

Ob sich der Vatikan davon erneut provoziert fühlt? Das Titelbild verweise nicht etwa auf die Missbrauchsskandale an Kindern in der katholischen Kirche, sagte „Titanic“-Chefredakteur Leo Fischer. „Das Cover soll unsere Liebe und die Liebe der ganzen Welt zum Papst verdeutlichen und zeigen, dass er insbesondere ein großer Freund der Kinder ist.“ Das letzte Cover sei dagegen vom Vatikan „grotesk missverstanden“ worden. Aus dem vermeintlichen Missverständnis resultierte für das Magazin am Ende ein Verbot.

Anfang Juli erwirkte Papst Benedikt XVI. beim Landgericht Hamburg eine einstweilige Verfügung gegen die „Titanic“, die mit ihrem Titelbild auf den „Vatileaks“-Skandal angespielt hatte. Unter der Überschrift „Halleluja im Vatikan – Die undichte Stelle ist gefunden“ war Benedikt XVI. mit gelbem Fleck auf seinem weißen Gewand gezeigt worden, auf der Rückseite des Magazins war er von hinten zu sehen, mit einem großen braunen Fleck auf Gesäßhöhe.

Nicht zum ersten Mal brockt sich die "Titanic"-Redaktion Ärger ein:

Die Deutsche Bischofskonferenz bleibt dieses Mal aber zunächst gelassen und will sich die Ausgabe von Freitag erst mal ansehen. Auch die Bonner Anwaltskanzlei Redeker Sellner Dahs, die von Erzbischof Angelo Becciu im Namen des Papstes beauftragt worden ist, äußert sich vor Erscheinen der neuen Ausgabe nicht. Die „Titanic“ hatte gegen die einstweilige Verfügung Widerspruch eingelegt. „Wenn das Gericht nicht sämtliche Widerspruchsgründe für gegenstandslos befindet, gehen wir davon aus, dass es zur mündlichen Verhandlung kommt“, sagte Fischer. Noch stehe kein Termin fest.

Die "Titanic"-Redaktion spricht von einem große Missverständnis.

Dem Magazin hat der Streit bisher allerdings nicht geschadet. Im Gegenteil. Eine bessere Werbung hätte es kaum für die „Titanic“ geben können. Um mehr als 70 Prozent habe die Auflage dank des Verbots gesteigert werden können, in den Bahnhofsbuchhandlungen sei die Ausgabe ausverkauft gewesen, sagte Fischer: „Nun hoffen wir, dass der Heilige Stuhl auch diesen neuen Titel ähnlich abwegig und rufschädigend interpretiert“. Das dürfte jedoch eher unwahrscheinlich sein. Denn in den Kinderhänden und Kussmündern auf der Soutane eine „Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Papstes“ zu sehen, wäre wohl kaum gerechtfertigt. Eine solche Verletzung hatte die Deutsche Bischofskonferenz in dem Titel der Ausgabe zuvor gesehen. Die Abbildungen mit dem gelb und braun befleckten Gewand stellten „einen höchstpersönlichen Angriff auf den Papst dar, der ausschließlich die Herabsetzung seiner Person bezweckt“, sagte Sprecher Matthias Kopp. Das sahen die Hamburger Richter ähnlich. Mit der einstweiligen Verfügung hatten sie entschieden, dass die „Titanic“ die Papst-Hefte nicht weiterverbreiten und die Bilder nicht im Internet veröffentlichen durfte, sonst drohe ein Zwangsgeld von 250 000 Euro.

Auf der Homepage der „Titanic“ ist die Darstellung geschwärzt und mit einem „Verboten“-Schild unkenntlich gemacht. Beim Deutschen Presserat gingen bis Donnerstag 175 Beschwerden gegen den Titel ein. Die gelben und braunen Flecken seien völlig falsch interpretiert worden, hatte Chefredakteur Fischer dagegengehalten. Sie würden von verschütteter Fanta und Schokoladentorte kommen. Rückendeckung gab’s für die „Titanic“ vom Deutschen Journalisten-Verband (DJV). Auch der Papst müsse sich Satire gefallen lassen, hieß es vom DJV. Die Zeiten für Satire scheinen ergiebig zu sein. Ex-„Focus“- Chefredakteur Wolfram Weimer will Ende November das Satiremagazin „Pardon“ zurück an den Kiosk bringen. Anlass ist das 50-jährige Jubiläum des 1982 eingestellten Magazins. Ob auch hier der Papst auf den Titel kommt, steht allerdings noch nicht fest.

Die „Titanic“ beschäftigt sich immer wieder satirisch mit der katholischen Kirche. Zum dritten Mal hintereinander will sie den Papst in der nächsten Ausgabe aber nicht aufs Cover heben. „Wir hoffen, dass es nicht dazu kommen muss“, sagte Fischer.

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