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SCHLÄMMERS SCHÖPFER: Ein Mann, ein Fjord!

Alle reißen sich um Horst Schlämmer. Die Figuren des Hape Kerkeling sind noch populärer als der Künstler.

Ohne Horst Schlämmer bewegt sich in der Republik gerade nichts. Heute Abend wird der stellvertretende Chefredakteur des „Grevenbroicher Tagblatts“ gar zum Kinohelden, wenn der Film „Horst Schlämmer – Isch kandidiere“ Premiere feiert. Damit startet Schlämmer offiziell seinen Bundestagswahlkampf: Er hat den Journalismus – „immer janz discht dran und knallhart nachjefracht“ – satt und will Angela Merkel als Kanzler ablösen.

Horst Schlämmer ist eine Erfindung von Hape Kerkeling, der den schmerbäuchigen, alkoholumflorten, mit schwarzer Herrenhandtasche („der Schnapper aus Nappa“) und typisch rheinischem Schnauzer ausgestatteten Mann zum Jubel vieler in immer neue Aufgaben und Situationen manövriert.

Mit Schlämmer hat Hans-Peter Wilhelm Kerkeling, dieser Künstler des Komischen, einen weiteren Höhepunkt erreicht. Showmaster, Schauspieler, Moderator, Bestsellerautor („Ich bin dann mal weg“), Comedian mit eigenen Bühnenprogrammen, Synchronsprecher (Pandabär Po) und Sänger – all das ist und kann der gebürtige Recklinghausener, der jetzt mit seinem Lebensgefährten und Arbeitspartner Angelo Colagrossi in Berlin wohnt.

Am meisten gefeiert wird Kerkeling, sobald er in seine selbst kreierten Figuren schlüpft. Was mit dem vorlauten Vorschulkind Hannilein begann, haben der trottelige Siegfried Schwäbli, die niederländische Königin Beatrix, die niederländische Paartherapeutin Evje van Dampen (Kerkelings Vater stammt aus dem Königreich) und die schwülstige Diseuse Uschi Blum stets aufs Neue bewiesen: Kerkeling kann Frau und Mann schräg, tragisch und lustig lebendig werden lassen. Unterm Strich heißtdas, ein Horst Schlämmer ist populärer als Hape Kerkeling. Das wird der „Rampensau“ herzlich egal sein, denn jeder seiner „Doppelgänger“ erlaubt Kerkeling aus dem Stand heraus einen Witz (mit Verstand). Schlämmer & Co. sind durch Erscheinung, Attitüden und Accessoires komisch, wo Hape Kerkeling, steht er quasi nackt auf der Bühne, zunächst heftig um die Gunst des Publikums kämpfen und buhlen muss.

Hinter den fiktiven Mitmenschen ist gut munkeln, sie gestatten Sentenzen, die ein Kerkeling sich vielleicht nicht erlauben kann und erlauben will. Horst Schlämmer beispielsweise sagt als Politiker ja zur gleichgeschlechtlichen Liebe, privat findet er sie „widerlisch“. Der private Hape Kerkeling hätte sich kaum als Homosexueller geoutet, das hat – sehr uncharmant – der Filmemacher Rosa von Praunheim erledigt. Sind die Figuren des Hape Kerkeling vergleichbar mit „Ali G“, „Borat“, „Brüno“ von Sacha Baron Cohen? Anklänge sind da, obwohl Kerkeling längst (noch) nicht so radikal zu Werke geht.

Die Fernsehsender, egal ob die private Station RTL oder die öffentlich-rechtliche Konkurrenz, reißen sich um den Künstler. Kerkeling kann sich die Rosinen aus dem Medienkuchen klauben. Das ZDF scheint dabei seine bevorzugte Wahl zu sein. Der Sender ist Koproduzent bei „Isch kandidiere“, im Januar zeigte das ZDF mit beträchtlicher Quote die Verfilmung des Kerkeling-Hörbuchs „Ein Mann, ein Fjord“.

Jetzt meldet der „Spiegel“, dass Hape Kerkeling am 30. Januar 2010 die Gala der „Goldenen Kamera“ moderieren wird. Die Verleihung des Medienpreises der „Hörzu“ aus dem Axel Springer Verlag wird vom ZDF live übertragen. Kerkeling folgt Thomas Gottschalk (59), der die Moderation der „Goldenen Kamera“, ermüdet von elfmaliger Präsentation, abgegeben hat.

Der 44-jährige Kerkeling soll dabei für die „Erneuerung und Verjüngung“ solcher Springer-Events stehen, heißt es. In früheren Jahren erschreckte der neue Moderator das Publikum der „Goldenen Kamera“ mit Gastmoderationen und bekam 2005 den Preis auch schon selbst ausgehändigt. Ob er Horst Schlämmer eine „Goldene Kamera“ überreichen wird?

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