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Medien: Schöne Landschaft hier

Die Tour de France bei ARD und ZDF bietet Sport und Kultur

Die Tour de France wird 100, und ARD und ZDF sehen sich bereits im Gelben Trikot des Quoten-Spitzenreiters. „Wir gehen im Schnitt von knapp 30, in Spitzenzeiten von bis zu 50 Prozent Marktanteil aus“, sagt der Mainzer Peter Kaadtmann, der als gemeinsamer Teamchef von ARD und ZDF die Übertragungen koordiniert. Erst der ARD-Coup mit den Bundesliga-Rechten, nun das aus Frankreich anrückende Quoten-Hoch mit bis zu sechs Millionen Zuschauern – der Sport macht den Öffentlich-Rechtlichen derzeit richtig Spaß.

Fragt sich, wie lange: Nach 2004 läuft der Vertrag der Europäischen Rundfunk-Union (EBU), in der ARD und ZDF Mitglied sind, mit der Tour-Muttergesellschaft ASO aus. Ab Herbst wird ein neuer Vierjahresvertrag (gültig ab 2005) verhandelt. Für RTL ist dieses „echte Event“ sehr interessant, bestätigt ein Sprecher. Werner Zimmer (ARD) erwartet, dass die Tour-Rechte „wahrscheinlich etwas teurer“ werden. Die drei Wochen Programm aus Frankreich würden derzeit etwa so viel kosten wie die Übertragung der Halbfinal- Partien in der Fußball-Champions-League, sagt Zimmer. Aber sollte sich die Bundesliga- „Sportschau“ nicht wie gewünscht refinanzieren lassen, müsste doch an anderen Stellen im Sport-Etat gespart werden? „Korrekt“, sagt Zimmer, „aber nicht im Radsport. So etwas wie die Tour stellt man nicht in Frage.“

Vor allem nicht, solange Jan Ullrich dabei ist. Als er im vergangenen Jahr fehlte, brachen die Marktanteile im Vergleich zu 2001 um knapp zehn auf 18 Prozent ein. Ausgerechnet beim historischen Spektakel Jahrhundert-Tour sind nun so viele deutsche Profis (17) und Rennställe (drei) wie noch nie am Start. Ein schöner Glücksfall für die Sender und, so ist zu hoffen, auch für die Zuschauer: Da neben Telekom auch die Teams von Gerolsteiner und Bianchi mitrollen, dürfte die bisher magentagefärbte Berichterstattung zwangsläufig weniger einseitig ausfallen. „Uns wurde ja eine besondere Nähe zum Team Telekom unterstellt. Aber ich kann mich nicht erinnern, dass ich in den letzten Jahren irgendetwas schöngeredet hätte“, erklärt Herbert Watterott, der bereits zum 38. Mal in 39 Jahren für das ARD-Fernsehen von der Frankreich-Rundfahrt berichtet. Watterott findet die starke deutsche Präsenz „richtig klasse“ und traut Bianchi-Kapitän Jan Ullrich zu, Titelverteidiger Lance Armstrong herauszufordern. Dass die ARD immer noch zu den Telekom-Sponsoren zählt, sollte da, bitteschön, keine Rolle spielen.

Insgesamt ändert sich nicht allzu viel: Die Sendezeit wird ein wenig länger, ARD und ZDF berichten insgesamt 120 Stunden, parallel dazu überträgt auch wieder Eurosport. „Wir übernehmen das komplette Livebild- Angebot des französischen Fernsehens von über 90 Stunden“, sagt Watterott, dem dieser Sendemarathon freilich die frühere Freiheit geraubt hat. Watterott, Hagen Boßdorf (beide ARD), Peter Leissl und Michael Pfeffer (beide ZDF) kleben an ihren Kommentatorenplätzen im Zielort fest. „Früher konnte man vor dem Start noch mal durchs Fahrerlager gehen“, denkt Watterott zurück. Heute rücken die Sender „mit 130 bis 140 Mitarbeitern“ (Kaadtmann) an und bringen sechs Live-Kameras mit, um die Bilder des französischen Fernsehens zu ergänzen.

Auch die Gesichter sind wieder die gleichen, was man im Einzelfall bedauern muss. So schwadronieren im Ersten nach wie vor der redselige Jürgen Emig und Experte Rudi Altig, der sich erst kürzlich durch seine erneute Forderung nach einem freizügigeren Umgang mit Doping disqualifizierte. ARD-Kollege Watterott beurteilt das Thema Doping anders, härter: „Es kann nicht angehen, dass man betrügt. Da muss hundertprozentig durchgegriffen werden.“ Intern weniger umstritten ist der Charakter der Tour als gigantischer Werbefeldzug für das Gastgeberland. Bilder von Sehenswürdigkeiten am Rande der Strecke oder Rubriken wie „TourKultur“ sind beim Publikum beliebt. Das besteht eben nicht nur aus Radsport-Fans, und so wurde bei einer Umfrage die „Landschaft“ als Hauptgrund fürs Zuschauen genannt – vor dem „Rennen“.

Tour de France: Prolog, 17 Uhr 03, ARD

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