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Auch bei der ARD-Komödie „Süßer September“ mit Misel Maticevic und Caroline Peters hat Regisseur Florian Froschmayer seine Erfindung, die Drehplan-Software „Script to movie“, zum Einsatz gebracht.

© WDR/Britta Krehl

Script to movie: Drehen nach Programm

„Wenn es einfach wäre, würde es jeder machen“; Der in Berlin lebende Schweizer Regisseur Florian Froschmayer und die Zukunft des Filmemachens.

Wenn ein Regisseur erst eine melancholische Romanze dreht und dann einen Hochspannungs-„Tatort“, zeigt dies vor allem eins: Der Mann liebt offenbar die Abwechslung. Mindestens ebenso wichtig ist Florian Froschmayer jedoch die akribische Vorbereitung seiner Filme.

Das mag damit zu tun haben, dass er Schweizer ist. Er selbst ist allerdings überzeugt, dass die meisten seiner Kollegen genauso arbeiten und sich wie er darüber ärgern, dass man „seine Vorbereitungen nächtelang neu sortieren muss, je näher der Drehstart rückt. Man orientiert sich natürlich erst mal am Drehbuch, aber ein Film wird ja nicht chronologisch gedreht. Und die Drehpläne ändern sich bis kurz vor Drehbeginn dauernd. Man muss dann jedes Mal von vorne anfangen.“

Also hat er schon vor Jahren einen Weg gesucht, wie sich dieser Vorgang vereinfachen lässt, und eine rudimentäre Datenbank entwickelt, die seine Notizen zur Kameraauflösung und zu den Figuren bei jeder Drehplanänderung neu sortiert hat.

Florian Froschmayer
Florian Froschmayer

© picture alliance / dpa

Das Programmieren hat sich der einst zum eidgenössischen Diplomkaufmann ausgebildete Froschmayer ebenso selbst beigebracht wie das Filmemachen. Er hat schon als Jugendlicher auf dem Spielcomputer C64 erste kleine Programme geschrieben. Sein Lebensmotto lautet „Wenn es einfach wäre, würde es jeder machen“, und dazu passt seine Selbsteinschätzung: „Ich bin einerseits wahnsinnig ungeduldig, andererseits aber auch sehr stur, wenn es darum geht, etwas durchzuboxen. Es hat auch Jahre gegeben, in denen ich gar nicht gedreht habe.“

Deshalb hebt er auch nicht ab, nur weil ARD und ZDF im vergangenen Jahr gleich drei Filme von ihm gezeigt haben: erst die Sozialkomödie „Es kommt noch besser“, dann einen „Tatort“ („Ihr werdet gerichtet“) und zuletzt „Süßer September“. Dass der „Tatort“ aus Luzern „so eine knallermäßige Quote“ hatte, hat Froschmayer natürlich gefreut, „aber fassen kann ich so etwas eigentlich nicht. Neun Millionen Zuschauer: Das sind mehr Menschen, als die Schweiz Einwohner hat.“

Als „Arbeit“ empfindet der 42-jährige gebürtige Zürcher, der 2002 in Berlin eine zweite Heimat (und eine Frau) gefunden hat und mittlerweile auch einen deutschen Pass besitzt, seine Tätigkeit ohnehin nicht: „Filmemachen ist meine Leidenschaft. Ich bin in der glücklichen Lage, dass ich seit zwanzig Jahren das Gefühl habe, nicht zur Arbeit gehen zu müssen, weil ich tun darf, was ich liebe. Deshalb sage ich grundsätzlich nie bei Projekten zu, die ich nur des Geldes wegen machen würde.“

Auf Urlaub verzichtet

Das gilt auch für diese Art Drehplan-Software, die zunächst nur für den Eigenbedarf entstanden ist. Irgendwann ist aber selbst Froschmayers Technikbegeisterung an ihre Grenzen gestoßen, und so stand er vor der Frage: „Begnüge ich mich damit, oder entwerfe ich ein Konzept, suche Geldgeber, mache ein richtiges Projekt daraus und übergebe die Programmierung an Profis?“ Da er, wie er sagt, ohnehin ständig auf neue Herausforderungen aus ist, war die Antwort eigentlich klar.

Also hat er „auf Urlaub verzichtet“, beim Medienboard Berlin-Brandenburg eine Förderung beantragt, eine Crowdfunding-Initiative ins Leben gerufen und schließlich bei ihm um die Ecke ein Unternehmen gefunden, „das verstanden hat, worauf ich hinauswollte“. Schließlich war das Programm mit dem Namen „Script to movie“ fertig.

Anfangs hatte Froschmayer die Software nur für Regisseure, Kameraleute, Regieassistenten, Aufnahmeleiter und Szenenbildner konzipiert, doch dann ist ihm klar geworden, dass sie auch Kostümbildnern, Maskenbildnern, Requisiteuren et cetera zugänglich sein sollte. Jetzt verbindet „Script to movie“ alle Gewerke des Filmschaffens in einem projektbezogenen Netzwerk und kann nicht nur für Fernseh- oder Kinofilme, sondern auch für Serien oder Werbespots genutzt werden.

Froschmayer selbst hat bereits drei Filme auf diese Weise vorbereitet und gedreht. Auch das Echo der beteiligten Mitarbeiter sei durchweg positiv. Ihre Feuertaufe erlebte die Software, als Froschmayer letztes Jahr den „Tatort“ vorbereiten musste, während er noch „Süßer September“ drehte: „Da habe ich gemerkt, wie sehr sich der Aufwand gelohnt hat, weil ich problemlos zwischen den beiden Projekten hin- und herwechseln konnte. Diese Erkenntnis war ein echter Hauptgewinn: Ich konnte mich auf meine Arbeit konzentrieren und war trotzdem jederzeit über den Stand der Dinge bei den verschiedenen Departments informiert.“

Natürlich war der Schweizer nicht der erste Regisseur, der die eingangs beschriebenen Probleme hatte. Auf dem internationalen Film- und Fernsehmarkt gibt es bereits verschiedene Programme, die zumindest im Ansatz ganz ähnlich funktionieren, aber die waren ihm nicht genug, weil es da meist nur um Logistik ginge.

Bei „Script to movie“, das in fünf Sprachen erscheint, werden die logistischen und die kreativen Bedürfnisse gleichermaßen berücksichtigt, und alle sind miteinander verbunden. Froschmayer ist zwar überzeugt, dass die Software das Filmemachen ganz neu gestalten könnte, aber ob er damit auch Geld verdienen kann, weiß er nicht. Es scheint fast, als sei ihm das auch gar nicht so wichtig. Er freut sich einfach, für seine eigenen Filme jetzt „ein cooles Tool“ zu haben.

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