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© ZDF

Serien: Forever green

Neue Hauptdarsteller, neue Kostüme, neue Themen: Wie Sender ihre Serien-Dauerbrenner frisch halten

Für die Zuschauerbindung sind langlaufende Serien vermutlich wichtiger als aufwändige Fernsehfilme oder spektakuläre Showevents. Um so wichtiger ist es, diese Evergreens frisch zu halten. Action-Ikone Hermann Joha („Alarm für Cobra 11“, RTL, seit 1996) bemüht als Analogie ein Fortbewegungsmittel: „Ein Porsche sieht heute völlig anders aus als in den Sechzigern, aber trotzdem haben sich die Änderungen schrittweise vollzogen.“ Vor allem die Video- und Computerspiele haben nach Ansicht Johas die Sehgewohnheiten und damit auch die Produktion beeinflusst: „Die Erzählweise ist viel sprunghafter und aggressiver geworden. Wegen der großen Konkurrenz muss man mit viel höherer Schlagzahl erzählen. Vor zwölf Jahren hätte das die Fernsehzuschauer völlig überfordert.“

Bei öffentlich-rechtlichen Dauerbrennern scheint eine gesunde Mischung aus Kontinuität und Wandel die Grundlage für den Erfolg zu sein, wie Rudi Pitzl, Produzent und Dramaturg von „Forsthaus Falkenau“ (ZDF, 1989), bestätigt: „Wir haben die Serie ständig, aber behutsam modernisiert, immer im Bestreben, neue Zuschauer zu gewinnen, aber das Stammpublikum nicht zu verschrecken.“ Zum Wandel gehören auch riskante Maßnahmen, etwa der Wechsel des Hauptdarstellers: Als Christian Wolff die Försterrolle aufgab, entschied man sich für Hardy Krüger jr., um jüngeres Publikum zu erreichen.

Auch „Landarzt“-Darsteller Walter Plathe (ZDF, seit 1987) musste mit Wayne Carpendale einem Jüngeren weichen. Serien, sagt Klaus Bassiner, Leiter der ZDF-Hauptredaktion Reihen und Serien Vorabend, „sind die Basis eines erfolgreichen Senders, denn Grundlage des Erfolgs ist die Masse an verlässlichen Sendeplätzen. Aber sie müssen kontinuierlich hinterfragt werden.“ Der ZDF-Freitagsklassiker „Der Alte“ (seit 1977) hat bereits zwei Besetzungswechsel verkraftet: von Siegfried Lowitz zu Rolf Schimpf zu Walter Kreye. Claus Theo Gärtner hat als Privatdetektiv in „Ein Fall für zwei“ (seit 1981) mittlerweile den vierten Partner.

Ästhetisch müssen sich solche Marken ebenfalls ständig weiterentwickeln, sagt ZDF-Redakteurin Sabine Groß: „Auch ältere Zuschauer schätzen ja neue amerikanische Serien.“ Die Änderungen dürften aber nie selbstzweckhaft sein: Im Gegensatz zu den stets für die Gegenwart produzierten Daily Soaps müssen die Staffeln der ZDF-Klassiker noch in zehn Jahren wiederholbar sein, weshalb auf Zeitgeisterscheinungen konsequent verzichtet wird. Trotzdem hat sich der „Look“ im Lauf der Jahrzehnte radikal verändert. Anfangs, erinnert sich Pitzl, „waren die ‚Forsthaus‘-Folgen fast hörspielhaft: viel Dialog, wenig Action. Heute sind sie viel filmischer.“

Auch Hans W. Geißendörfer hat eine Faustformel, wie man eine Serie frisch hält, aber vermutlich funktioniert sie nur bei der „Lindenstraße“ (ARD). Er vertraut „zu 30 Prozent auf Erfahrung, Vernunft und Konzept, zu 70 Prozent auf den Bauch des Produzenten.“ Der Bauch sei allerdings nicht mehr 17, „daher sind wir ständig im Gespräch über zeitnahe Themen, mit denen wir jüngere Zuschauer anlocken können.“ Man orientiere sich deshalb jetzt aber nicht an „GZSZ“: „Wir bleiben uns treu.“

Für Daily Soaps gilt quasi das Gegenteil. Bei diesem Genre, das sich sein junges Publikum immer wieder neu erobern muss, sei „gezieltes Refreshment von existenzieller Bedeutung“, sagt Guido Reinhardt, Produzent dreier Soap-Klassiker „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ (RTL, 1992), „Verbotene Liebe“ (ARD) und „Unter uns“ (RTL, beide 1994). Er erwartet von seinen Autoren, dass sie „im Optimalfall Trends nicht aufgreifen, sondern setzen: Wir müssen ein Gespür dafür haben, wohin sich Trends entwickeln. Der Zeitgeist spiegelt sich vor allem in den Kostümen und in der Musik wider.“

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