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Sex-Affäre: Twitter und die britische Presse gegen ManU-Star Giggs

Eine angebliche Sex-Affäre des Fußballers Ryan Giggs beschäftigt die britische Öffentlichkeit. Dieser hatte den Medien gerichtlich einen Maulkorb verpasst. Nun plauderte ein Parlamentarier.

Fußballer Ryan Giggs war der scheue Ehebrecher, der die britische Presse knebeln wollte. Nach zähem Grabenkrieg kann die britische Presse heute den Fußballer von Manchester United (ManU) als den mysteriösen Premier League Fußballstar entlarven, der eine siebenmonatige Affäre mit Big Brother Sternchen Imogen Thomas hatte.

Nicht der Seitensprung, sondern die Zeitungsschlagzeilen waren ein flagranter Gesetzesbruch. Denn Giggs hatte der Presse vor Wochen schon mit einer sogenannten „Super Injunction“, einer gerichtlichen Verfügung zum Schutz seiner Privatsphäre, einen Maulkorb verpasst.

Am Montag Abend brachte dann der Abgeordnete John Hemming im Unterhaus die Rede auf Giggs: „75.000 Menschen haben Ryan Giggs per Twitter genannt, es ist ja wohl nicht praktikabel, sie alle einzusperren“, sagte Hemming. Gefängnis riskierte er nicht, da er parlamentarische Immunität genießt. Er beging den Rechtsbruch, um dem Journalisten Giles Coren zu helfen, der, offenbar von einem anderer Fußballer mit einer anderen Affäre und einer anderen Verfügung, vor Gericht gebracht werden sollte. Coren war derjenige, der als erster die Namen der Stars mit gerichtlichen Verfügungen ausgetwittert hatte. Über Hemmings Parlamentsauftritt zu berichten – das ist den Zeitungen erlaubt.

Es ist ein wichtiger Sieg für die Zeitungen in einem chaotischen Kampf, der Großbritannien und seine Medien seit Wochen in Atem hält. Der Kampf tobt zwischen den Zeitungen als Verfechtern der Pressefreiheit und den Stars und Reichen, die mit gerichtlichen Verfügungen ihre Privatsphäre aus den Schlagzeilen nehmen wollen. Zwischen den Gesetzgebern im Parlament und den Richtern, die solche Verfügungen erlassen. Sie kämpfen darum, wer für den Ausgleich zwischen Privatschutz und Pressefreiheit zuständig ist. Und nicht zuletzt zwischen den Zeitungen, die sich an die Verordnungen der Gerichte halten müssen und Twitter und den Sozialen Netzwerken, die sich über diese Regeln einfach hinwegsetzen. Für britische Klatschmedien geht es nicht nur um die Pressefreiheit, sondern auch Geld und Auflage.

Auch deshalb versuchten die Zeitungen seit Tagen mit allen Mitteln, den Schleier zu lüften. Denn die Spatzen pfiffen schon seit Tagen von den Dächern, dass Giggs der publikumsscheue Liebhaber des Busenstars war – per Twitter.

Ende vergangener Woche hatte Giggs gegen Twitter, Sitz in Kalifornien, rechtliche Schritte eingeleitet, weil ein Journalist, frustriert über den Maulkorberlass, anonym seinen Namen getwittert hatte. Die Verteidigung des walisischen Nationalspielers war nicht nur juristisch aussichtslos. Sie löste eine Welle solidarischer Twitter Meldungen aus. Zeitweise wurde Ryan Giggs Name am Samstag 1000 Mal pro Minute getwittert.

Dann veröffentlichte die Glasgower Sonntagszeitung „Sunday Herald“, die sich in Schottland außerhalb der Reichweite der englischen Justiz wähnt, Giggs Foto auf der Titelseite. Über den Augen war ein schwarzen Balken „zensiert“ und darunter stand: „Jeder weiß, dass dieser Fußballer mit Hilfe der Gerichte eine Sexaffäre geheim hält, aber wir dürfen es Ihnen nicht sagen“.

Nicht der erste Fall von Outing durch Parlamentarier

„Super Injunctions“ machten zum ersten Mal Schlagzeilen, als herauskam, dass die Chemiefirma Trafigura einen Giftskandal in Afrika mit einer solchen Verfügung unterdrücken wollte. „Super“ heißen diese Verfügungen, weil nicht einmal berichtet werden darf, dass es eine solche Verfügung gibt.

Besonders erregte Parlamentarier und Steuerzahler, dass Sir Fred Goodwin, Großbritanniens berüchtigtster Banker, Berichte über eine Liebesaffäre mit einer Bankkollegin geheim hielt – ausgerechnet zum Zeitpunkt, als Steuerzahler seiner Bank, der Royal Bank of Scotland, mit Krediten und Bürgschaften für Risikopapiere in Wert von 230 Milliarden Pfund aus der Patsche helfen mussten. Auch Goodwin wurde im Parlament geoutet. Ein Lord fragte, warum nicht einmal die Finanzaufsicht von dieser Affäre erfahren durfte.

„Die Situation ist chaotisch und unhaltbar“, gibt Premier David Cameron zu. Aber auch er weiß nicht, wie die Situation gelöst werden soll. Ein Gesetz zum Schutz der Privatsphäre lehnen die Briten ab - das halten sie für eine zu große Einschränkung der Pressefreiheit und verweisen als Beispiel auf Frankreich, wo die Presse jahrelang einen Schleier des Schweigens um Politiker wie Dominique Strauss-Kahn hüllte.

Aber Menschenrechtsgesetze und immer selbstbewusstere Gerichte schaffen nun, am Parlament vorbei, mit ihren Urteilen genau die Effekte eines solchen Gesetzes. Cameron tat nun, was man in diesen Situationen eben tut: Er benannte ein Komittee, das Vorschläge ausarbeiten soll.

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