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Show-Risiken: Schneller, höher, weiter

Die Sicherheitsfrage: Der schwere Unfall bei „Wetten, dass..?“ und die Reaktionen der konkurrierenden Shows. Derweil wird das künstliche Koma des verletzten Samuel Koch allmählich zurückgefahren.

Das ZDF will seine Familienshow „Wetten, dass..?“ trotz des schweren Unfalls eines Kandidaten am Samstagabend fortsetzen. „,Wetten, dass…?’ wird sicherlich weitergehen“, sagte ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut am Montag. Derweil wird der verletzte Samuel Koch langsam aus dem künstlichen Koma geholt. Dies werde vermutlich zwei Tage dauern, sagte eine Sprecherin der Düsseldorfer Uniklinik, wo Koch behandelt wird. Erst danach könne beurteilt werden, ob bei dem 23-Jährigen weiterhin Lähmungserscheinungen auftreten.

Koch hatte in der Live-Sendung am Samstag versucht, mit Hilfe von Sprungstelzen über Autos zu springen. Dabei stürzte er schwer und verletzte sich an Halswirbelsäule und Rückenmark. Zum ersten Mal in der 29-jährigen Geschichte von „Wetten, dass..?“ wurde die Show vorzeitig abgebrochen. Das ZDF will nach diesem Vorfall zwar mit der Familiensendung weitermachen, jedoch überprüfen, wo mehr für den Schutz der Kandidaten getan werden kann, sagte Bellut: „Wir werden noch einmal den Sicherheitsstandard erhöhen, obwohl wir immer der Auffassung waren, er ist kaum zu erhöhen. Wir müssen gucken, wie verändern wir die Regeln bei den Wettkandidaten so, dass sich so etwas nicht wiederholt.“ Wetten mit „sportivem Charakter“ wird es laut ZDF-Sprecher Walter Kehr weiter geben.

Der Auftritt von Samuel Koch sei „optimal vorbereitet“ gewesen, sagte Kehr. Bereits bei den vergangenen Shows in München und Hannover habe Koch mit einem Sicherheitsingenieur, Beleuchtern und anderen Mitgliedern des Produktionsteams in der „Wetten, dass...?“-Kulisse an den idealen Bedingungen für seinen Auftritt getüftelt. Warum Koch trotzdem stürzte, müsse jetzt untersucht werden. Am Freitag soll das Unglück Thema im ZDF-Fernsehrat sein.

Die Wettshow des Mainzer Senders ist jedoch nicht die einzige Fernsehsendung, in der Kandidaten oder Moderatoren das Risiko einer Verletzung eingehen. In Konkurrenz zu „Wetten, dass...?“ lief am Samstag bei RTL die Castingshow „Das Supertalent“. Hier zerteilte ein Kandidat mit einem Schwert eine Wassermelone auf dem Bauch von Jurorin Sylvie van der Vaart. „Wir nehmen das Thema Sicherheit sehr ernst“, sagte RTL–Sprecher Christian Körner. „Wir tun alles Menschenmögliche, um Unfälle zu verhindern. Und dabei wird es bleiben.“ Eine hundertprozentige Garantie gebe es dennoch leider nicht.

ProSieben-Entertainer Stefan Raab, der Sendungen wie „Schlag den Raab“ oder die „Wok WM“ macht, hat sich in seinen Shows bereits die Nase gebrochen und eine Gehirnerschütterung zugezogen. Erst Ende November verletzte sich sein Kollege Elton beim „TV total Turmspringen“ am Auge. „Jeder, der Shows produziert, in denen es um Wettkampf und sportliche Herausforderungen geht, versucht das Risiko zu kalkulieren und zu minimieren. Dennoch wird es eine hundertprozentige Sicherheit nie geben“, sagte Raab. Weder er noch sein Sender wollten sich dazu äußern, ob die Sicherheitsstandards in seinen Shows erhöht werden sollten. Raab bedauerte den Unfall: „Es tut mir sehr leid, in erster Linie natürlich für den Wettkandidaten, aber auch für die Macher von ,Wetten, dass...?’ und für Thomas Gottschalk.“

ZDF-Programmdirektor Bellut wies im NDR Vorwürfe zurück, das ZDF habe wegen des Quotendrucks im Wettbewerb vor allem mit RTL und dessen Show „Das Supertalent“ solch eine riskante Wette zugelassen. „Den Quotendruck gibt es auf jeden Fall nicht so, dass wir sagen, wir wollen erfolgreich um jeden Preis sein.“ Das ZDF wolle „optimal unterhaltend“ sein, jede einzelne Sendung verfolge da ihre eigene Linie. „Ob jetzt ein oder zwei Millionen Zuschauer mal mehr oder weniger da sind, ist für uns kein entscheidendes Kriterium“, sagte Bellut.

Auch Thomas Gottschalk wies den Eindruck zurück, die Show sei im Quotenkampf riskanter geworden. „Die Wetten waren nicht riskanter als in vielen Sendungen davor“, sagte er der „Bild“. Er habe die Konkurrenz mit hochkarätigen Gästen schlagen wollen – unter anderem sollte am Samstag die Band Take That auftreten. Deren Sänger Robbie Williams bat darum, auch nach seiner Abreise telefonisch weiter über den Gesundheitszustand Kochs auf dem Laufenden gehalten zu werden.

Ein erfahrener Stuntman nahm das ZDF gegen Kritik in Schutz. Die Wette sei nicht zu schwierig gewesen, sagte René Lay, Geschäftsführer beim Bundesverband deutscher Stuntleute, der dpa. Er selbst sei vor zwei Jahren mit einem Feuerstunt bei der Show gewesen und habe die Sicherheitsstandards als sehr gut erlebt.

Zu möglichen persönlichen Konsequenzen aus dem Unfall wollte sich Gottschalk nicht äußern. „Es geht in den nächsten Tagen nicht darum, sich mit meiner Situation zu beschäftigen, sondern mit der hoffentlich schnellen Genesung von Samuel.“ Der 60-Jährige moderiert den ZDF-Klassiker abgesehen von einer gut einjährigen Unterbrechung seit 1983. Die nächste „Wetten, dass...?“-Ausgabe soll wie geplant am 12. Februar ausgestrahlt werden. Gottschalk soll bereits am nächsten Sonntag wieder im ZDF zu sehen sein, wo er den Jahresrückblick präsentiert. Ob er dabei zum Unfall äußern wird, steht laut ZDF noch nicht fest.

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