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Nur echte Freunde freuen sich über Mark Zuckerbergs Hundewelpen Beast.

© Tsp

Social Media: Die Marionette als Fan

Massenhaft gefälschte Identitäten bei Facebook und Twitter? Eine Software soll dies möglich machen. Politisch missliebige Diskussionen könnten so gestört werden.

Im Internet weiß niemand, wer sich auf der anderen Seite des Monitors befindet. Das galt in den Anfangstagen des World Wide Webs, könnte aber für die sozialen Netzwerke eine ganz neue Bedeutung bekommen. Wie das liberale US-Politblog Kos Media jetzt berichtete, plant eine amerikanische Sicherheitsfirma eine „Persona Management Software“, mit der massenhaft perfekt gefälschte Internet-Identitäten für Facebook, Twitter & Co. erstellt und verwaltet werden können. „Damit soll ein Meinungskonsens inszeniert werden“, urteilte Daily Kos und befürchtet, dass so politisch missliebige Diskussionen gestört werden sollen.

Auf Interesse stößt der Bericht über die Marionetten-Fans nicht zuletzt nach dem sensationellen Höhenflug der Facebook-Seite „Wir wollen Guttenberg zurück“. 588 243 Personen gefiel die Seite bis Mittwochmorgen. Am Tag nach dem Rücktritt kamen stündlich mehr als 10 000 neue Unterstützer hinzu. Seit der geringen Beteiligung an den Pro-Guttenberg-Demos am Wochenende hält sich der Zustrom neuer Fans in Grenzen – Facebook selbst dürfte darüber nicht unglücklich sein, erledigen sich doch damit einige Spekulationen über Profil-Manipulationen fast von selbst.

Die Quelle, aus der Daily Kos zitiert, ist zumindest fragwürdig. Die Dokumente stammen demnach aus einem Hackerangriff der Gruppe „Anonymus“ auf das Sicherheitsunternehmen. Erschreckend an den Papieren wäre freilich die Finesse hinter den angeblichen Plänen, die auf anonymen E-Mail-Konten über anonymisierte Internetzugänge basieren sollen. Selbst an Scheindiskussionen zwischen den gefälschten Identitäten soll gedacht worden sein. Für Max Hoffmann-Dose, Geschäftsführer der Social-Media-Agentur Nodes Deutschland, gehört der Daily-Kos-Bericht ins Reich der Verschwörungstheorien. „Wir arbeiten mit den großen Brands der Welt zusammen, keine davon nutzt solche Werkzeuge“, sagt Hoffmann-Dose, dessen Agentur unter anderem Sony, Volkswagen, MTV, Pepsi und Nike in Sachen Facebook betreut. Sicherlich würden die sozialen Netze für die Marketing-Kampagnen immer wichtiger, sagt er und verweist darauf, dass zum Beispiel Volkswagen in Dänemark zuletzt sämtliche Werbeaktionen zur Facebook-Fanseite verlinkt hatte. Wichtig sei den Firmen ein echter Dialog mit den Kunden. Was hätte man also von solchen Manipulationen?, fragt Hoffmann-Dose.

Wie sicher ist Facebook selbst, dass hinter den Guttenberg-Freunden tatsächlich Internetnutzer aus Fleisch und Blut stecken? „Es verhält sich tatsächlich so, dass das Wachstum auf den viralen Effekt und das hohe Medieninteresse um die Facebook-Seiten zu Guttenberg zurückzuführen ist“, erklärte eine Sprecherin auf Anfrage. Was den Handel mit Facebook-Fans und -Freunden betrifft, so seien für Facebook Authentizität und Sicherheit von höchster Priorität. „Ein Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen wird nicht geduldet.“ Im Klartext: Bei einem Verstoß würde Facebook gegen Firmen und Marken, die den Kauf oder Verkauf von Fans unterstützen, auch rechtlich vorgehen.

In dem Maße, in dem die sozialen Netzwerke inzwischen sogar von älteren Internetnutzern eingesetzt werden, steigt die Nachfrage nach funktionierenden Marketingkonzepten. Der Austausch darüber findet unter anderem auf Veranstaltungen wie der Social Media Conference statt. Nach einer ersten Konferenz im vergangenen Oktober in München informierten sich im Februar in Hamburg 400 Teilnehmer bei den Experten und Agenturen über das Thema, und im Juli findet bereits die nächste Social Media Conference in der bayerischen Landeshauptstadt statt. Derzeit läuft die Themenfindung, sagt Projektleiterin Nicole Rüdlin. Es könne gut sein, dass auch der Höhenflug der Guttenberg-Seite auf Facebook ein Thema der Konferenz wird.

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