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Sehr verdächtig: Dr. Rubner (Mišel Maticevic, re.) neben den Kommissaren Freddy Schenk (Dietmar Bär, li.) und Max Ballauf (Klaus J. Behrendt). Foto: WDR

© WDR/Martin Valentin Menke

Sonntagskrimi: Die Gene des Mörders

Im Kölner „Tatort“ bekommen die Kommissare Ballauf und Schenk eine Biologielektion erteilt.

Am Anfang steht da eine im Labor und tut diese schwer verständlichen Wissenschaftlerdinge, die mit dampfenden Gefäßen und grellem Licht zu tun haben. Nur ein Detail stört das Bild. Die Frau trägt Ohrstöpsel, offenbar hört sie Musik und damit bekommt die Wissenschaftlerin in ihrem Labor etwas von einer Straßengöre, die nichts tun kann ohne das passende Lied auf dem Ohr. Tatsächlich wird Lara Bahls (Luise Berndt) im Kölner „Tatort: Auskreuzung“ von ihrer wilden Vergangenheit eingeholt. Die ehrgeizige Mitarbeiterin eines Instituts für Pflanzenforschung war früher Umweltaktivistin. Mit Spruchbändern demonstrierte sie gegen das, was sie heute tut: Bahls und ihre Kollegen forschen an gentechnisch veränderten Tabakpflanzen; ihr Ziel ist es, ein Mittel gegen HIV zu finden.

Aber zunächst findet eine Kollegin von Bahls den Tod. Eines Morgens wird sie im Institutskeller leblos über der Tiefkühltruhe gefunden. Kurz nachdem die Kommissare Ballauf und Schenk den Fall übernommen haben, stirbt ein zweiter Wissenschaftler, dazu fallen Kühlschränke aus und Speiseeis wird geklaut. Wer ist dieser Mörder, der aus der Kälte kommt? Oder richten sich die Menschen im eiskalten Institutsbetrieb selbst zugrunde?

Der 51. „Tatort“ aus Köln unter der Regie von Torsten Fischer ist Wissenschaftsschelte pur, 87 Minuten lang. Das Ideal des durchgeistigten Wissenschaftlers, der sich nur der Sache verpflichtet fühlt, wird demontiert, stattdessen wird er zum Antihelden. Wissenschaftler, so lautet die Botschaft, sind auch nur Menschen – und mit Sicherheit nicht die besten. Sie sind karriereversessen, getrieben und gnadenlos, sich selbst und anderen gegenüber. Dabei spielt Drehbuchautor Karl-Heinz Käfer den Kontrast zu den beiden Kommissaren aus: In der Welt der Wissenschaft wirken Ballauf und Schenk handfester denn je und nutzen jede Gelegenheit, um einen Spruch zu machen. Als ein Wissenschaftler ihnen erzählt, dass er versuche, der Chinaseuche mit gentechnisch veränderten Kartoffeln beizukommen, fragt Schenk, ob da nicht auch eine Portion Pommes helfen könne – und schon sitzen die Ermittler beim Imbiss, dieses Mal aber, Skandal, nicht in ihrer Wurstbraterei am Rheinufer, sondern drinnen in einem Lokal.

Ansichten der Stadt Köln gibt es in dieser Folge auch sonst so gut wie keine. Dabei hat sich der Drehbuchautor wahrscheinlich von einer Institution in der Nähe inspirieren lassen. Am Aachener Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie werden im Kampf gegen HIV schon seit Jahren gentechnisch veränderte Tabakpflanzen benutzt. Beim Wachsen sollen sie den Wirkstoff gegen das Virus dann gleich mitproduzieren.

In der Bundesrepublik ist das sogenannte Molecular Farming sehr umstritten. Befürworter sagen, auf diese Weise könne man Wirkstoffe endlich leichter und kostengünstiger als in Zellkulturen herstellen. Gegner warnen vor einer Einschränkung der biologischen Vielfalt, falls genmanipulierte Pflanzen auf dem freien Feld angebaut werden und sich verbreiten. All diese Argumente, das ganze Für und Wider, werden dem Zuschauer in diesem „Tatort“ präsentiert. Mitunter wirkt das selbst wie eine etwas bemühte Versuchsanordnung. Um die Schwächen seiner Konstruktion scheint der Drehbuchautor gewusst zu haben. Zumindest lässt er die Kommissare immer wieder Sätze sprechen, die fast entschuldigend wirken. „Was war das denn jetzt – eine Biologiestunde?“, fragt Ballauf, nachdem sich Schenk bei der Wissenschaftlerin Bahls eingehend nach den Risiken von Gentechnik erkundigt hat. Ein bisschen wirkt es so, ja. Verena Friederike Hasel

„Tatort: Auskreuzung“, ARD, 20 Uhr 15

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