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''Spiegel'': Stefan Aust muss gehen

Der Vertrag des langjährigen Chefredakteurs des "Spiegel", Stefan Aust, wird nicht verlängert. Die Gesellschafter wünschen sich "frische Ideen und neue Konzepte".

Der Vertrag von „Spiegel“-Chefredakteur Stefan Aust wird nicht verlängert. Dies haben die Gesellschafter des Hamburger Nachrichtenmagazins auf Initiative der Mitarbeiter KG einvernehmlich beschlossen, wie der Verlag am Donnerstag in Hamburg mitteilte. Der Vertrag von Aust endet damit am 31. Dezember 2008. Über eine Nachfolge werde zu gegebener Zeit informiert.

Grund für diesen Entschluss sei der Wunsch nach „frischen Ideen und neuen Konzepten für den ,Spiegel’. Wir wollen mehr junge Leute ans Blatt binden“, sagte Armin Mahler, Sprecher der Mitarbeiter KG. Aust, 61, und seit 1994 Chefredakteur, habe das Nachrichtenmagazin verdienstvoll ins moderne Zeitalter geführt. Doch seien inzwischen einige Jahre vergangen und nun wünsche sich die Mitarbeiter KG wieder einen neuen Entwicklungsschub für ihr Blatt, sagte Mahler. Dieser Schritt könne nach Auffassung der Mitarbeiter KG nur unter der Führung eines neuen Chefredakteurs gelingen. Zum ersten Mal in der Geschichte des „Spiegel“ wird damit dieser Chefposten von den Gesellschaftern besetzt.

Austs Vertrag hätte für weitere zwei Jahre verlängert werden können. Im Januar hatte er im Interview mit dem Tagesspiegel am Sonntag betont, er würde gerne weitermachen. „Ich verstehe mich als Vertreter der Redaktion. Solange die Gesellschafter mich nicht rausschmeißen, ist die Redaktion unabhängig.“ Die Gesellschafter, das sind die Mitarbeiter-KG mit 50,5 Prozent, der Verlag Gruner + Jahr mit 25,5 Prozent und die Erben des „Spiegel“-Gründers“ Rudolf Augstein mit 24 Prozent.

Aust, zurzeit noch im Urlaub auf Bali, sei von dieser Entscheidung überrascht worden, heißt es in Hamburg. Entsprechend sauer habe er reagiert. Zwar wurde über seine Personalie schon länger spekuliert, doch als vergangene Woche die Gesellschafterversammlung tagte, stand sie nicht zur Debatte. Erst diese Woche habe sich die Mitarbeiter KG auf die Beendigung seines Vertrags geeinigt. Eigentlich sollte Aust die Entscheidung erst nach Ende seines Urlaubs mitgeteilt werden, doch weil Gerüchte im Haus die Runde machten, musste sie bereits jetzt bekannt gegeben werden. „Wir sind sehr unglücklich über diesen Verlauf“, sagte Mahler.

Dass Aust vor Ende 2008 seine Position als Chefredakteur aufgibt, ist durchaus denkbar. Wenn er in Hamburg zurück ist, sollen weitere Details geklärt werden. Sollte Aust vorher gehen, muss schnell über eine Zwischenlösung für den Chefredakteursposten gefunden werden – falls nicht sofort ein Kandidat bereit steht, der den Posten längerfristig ausfüllen könnte. „Wir werden uns darüber in Ruhe Gedanken machen“, sagte Mahler.

Mit der Ruhe im Verlagshaus an der Brandstwiete ist das jetzt so eine Sache. Auguren sagen, Stefan Aust werde – nach dieser Demütigung – sicher nur so lange bleiben, bis er eine neue Aufgabe gefunden habe. Aus diesen Quellen ist zu hören, dass sich Aust für das Amt eines Fernsehvorstandes bei der Axel Springer AG interessieren könnte. Noch bevor Aust 1994 von „Spiegel“-Gründer Rudolf Augstein zum Chefredakteur des Nachrichtenmagazins berufen wurde, hatte er bereits sechs Jahre als Chefredakteur von Spiegel TV, dem TV-Produktionsunternehmen des Spiegel-Verlags, gearbeitet. Von 1995 bis Juli 2007 war Aust Geschäftsführer von Spiegel TV, ehe er auf den Posten eines Herausgebers abgeschoben wurde.

Mit dem gestrigen Tag ist die Nachfolgefrage beim „Spiegel“ virulent. Einige wollen wissen, dass mit Martin Doerry, einem der beiden Stellvertreter von Aust, und mit Gerhard Spörl, der das Ressort Ausland mit leitet, eine Interimslösung angestrebt werde. Andere erwarten eine langfristige Besetzung aus dem Haus mit Namen Mathias Müller von Blumencron, Chef von Spiegel Online.

Mario Frank, seit Anfgang 2007 „Spiegel“-Geschäftsführer, soll weiter im Amt bleiben. Immer wieder wurde behauptet, dass er zum Chefredakteur alles andere als ein gutes Verhältnis habe. Ob Frank das Auslaufen von Austs Vertrag bedauert, war von ihm nicht zu erfahren. Mit der Trennung von Aust hat die Mitarbeiter KG das Heft in die Hand genommen. Ihre Verantwortung für den Spiegel-Verlag ist deutlich gewachsen.

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