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Eine Urkunde und sogar eine Nebenrolle werden Fans versprochen, die in den Kinofilm mit Bernd Stromberg (Christoph Maria Herbst) investieren.

© ProSieben

Update

"Stromberg" auch im Kino: Wer lachen will, muss zahlen

Die TV-Serie "Stromberg" mit Christoph Maria Herbst soll ins Kino kommen – aber nur, wenn die Fans auch eine Million Euro dazugeben. In der Filmbranche wird nun diskutiert, ob Crowdfunding für sie ein Zukunftsmodell ist.

Für Bernd Stromberg wäre das nichts. Der Versicherungsmann gilt weder als spendabel noch als kulturinteressiert. Er ist ein selbstgerechter, fieser Macho – und dafür lieben ihn seine Fans. So sehr, hofft Ralf Husmann, dass sie eine Million Euro in die Hauptfigur der Pro7-Serie investieren und damit ermöglichen, dass „Stromberg“ nach fünf Staffeln im Fernsehen ins Kino kommt. „Stromberg“ wäre nach „Hotel Desire“ der zweite große deutsche Film, der über sogenanntes Crowdfunding finanziert wird. Und könnte damit einen Trend zumindest in bestimmten Bereichen der Branche auslösen.

In der Musikindustrie hat sich Crowdfunding bewährt. Viele Bands finanzieren so ihre neuen CDs, auch für Kunstprojekte wird Crowdfunding gerne genutzt. Übers Internet spendet dabei jeweils eine beliebig große Masse (englisch: crowd) an Menschen Geld, damit das Projekt entstehen kann. Als Dank bekommen die Spender eine Widmung, eine Urkunde, Freikarten oder womöglich sogar ihr Geld zurück, wenn sich das Projekt über Käufe oder Eintrittsgelder refinanziert. Vor allem haben die Fans das Gefühl, ein Teil des Projekts zu sein. Crowdfunding ist damit nicht nur eine moderne Art der Finanzierung, sondern auch ein perfektes Marketinginstrument.

Darauf setzt auch Husmann. Natürlich hätte er den klassischen Weg der Filmförderung gehen können. „Aber das bedeutet viel Papierkram und lange Vorläufe. Wir wollen ja gar nicht groß in das Geschäft einsteigen, sondern nur diesen einen Film drehen und das möglichst schnell“, sagt Husmann. „Die Fans sind uns viel näher als die Filmförderung, deshalb wollen wir die Zuschauer als Investoren gewinnen.“

Bis zum 15. März können sie über die Seite www.stromberg-der-film.de spenden. Der Mindestbetrag liegt bei 50 Euro. Dafür erhalten die Spender eine Urkunde und Zugang zur Investoren-Lounge, in der über die Entwicklung des Films informiert wird. Ab 100 Euro werden die Investoren im Abspann genannt, bei 1000 Euro an prominenterer Stelle. Zusätzlich gibt es noch zwei Premieren-Tickets. Wer 50 000 Euro zahlt, kann sogar Pate für eine Figur des Films werden, ihren Namen und ihre Eigenschaften auswählen oder selbst eine kleine Nebenrolle spielen. Ende 2012 soll der Film entstehen, 2013 in die Kinos kommen.

Schauen sich eine Millionen Menschen den Film an, bekommen die Investoren ihr Geld zurück. Bei über einer Million verkaufter Kinotickets gibt’s für jedes weitere verkaufte Kinoticket 50 Cent. Kommt die Summe von einer Million Euro nicht zusammen, will Husmann das Projekt nicht angehen. Die Investoren erhalten dann ihr Geld zurück. „Das Crowdfunding ist deshalb auch eine Art Marktforschung für uns, um herauszufinden, wie groß das Interesse an dem Film tatsächlich ist“, sagt Husmann.

Dass Crowdfunding in der Filmbranche funktionieren kann, hat gerade „Hotel Desire“ gezeigt. Der erste komplett über Crowdfunding finanzierte Film. 170 000 Euro waren noch vor der gesetzten 80-Tage-Frist zusammengekommen. Auf der Plattform videoload.de ist „Hotel Desire“ der aktuell am häufigsten abgerufene Film – wohl auch aus den gleichen Gründen, warum er vorab so viel Aufmerksamkeit auslöste: Es gibt viel nackte Haut zu sehen, Sex sells.

„Stromberg – der Film“ unterscheidet sich in zwei wesentlichen Teilen von „Hotel Desire“. Erstens wird nicht der komplette Film per Crowdfunding finanziert, insgesamt sind von der Produktionsfirma Brainpool drei bis vier Millionen Euro veranschlagt. Zweitens ist die Geschichte durch die Serie bekannt. „Die Fans wissen, wofür sie ihr Geld geben“, sagt Husmann. Nach seiner Ansicht ist das eine wesentliche Bedingung, damit Crowdfunding im Filmbereich Erfolgsaussichten hat. Auch Nico Hofmann („Dresden“, „Mogadischu“), der mit Teamworx „Hotel Desire“ produzierte, glaubt, dass eine große Fanbasis Voraussetzung für erfolgreiches Crowdfunding ist. Doch kann es nach seiner Ansicht auch anders klappen. „Für Filmstudenten oder im Arthousebereich kann Crowdfunding ebenfalls funktionieren“, sagt Hofmann.

Vier seiner Studenten an der Filmhochschule Ludwigsburg, die ihre Diplomarbeiten nicht über Fernsehgelder finanzieren konnten, wollen nun per Crowdfunding Geld für ihre Filme sammeln. Hofmann selbst will er aber weiterhin den klassischen Weg der Filmfinanzierung wählen, so wie Martin Moszkowicz mit Constantin Film („Hotel Lux“, „Der Gott des Gemetzels“): „Wir finanzieren unsere Filme weiterhin klassisch – mit Eigenmitteln, Filmfördermitteln und Vorabverkäufen, denn wir wollen die Kontrolle über unsere Filme zu hundert Prozent behalten. Ebenso die Erträge aus der Auswertung.“ Bei „ausgewachsenen Spielfilmprojekten“ hält Moszkowicz Crowdfunding deshalb nicht für ein Zukunftsmodell. Im Low-Budget-Bereich jedoch und bei Projekten, die wie „Stromberg“ eine große Fanbasis haben, könne diese Art der Finanzierung sinnvoll sein. „Natürlich besteht dann immer die Gefahr, dass alle Crowd-Funder mitreden wollen – und das wird spaßig“, sagt Moszkowicz. Wie sehr, hat Husman am Dienstag erlebt. Im Chat beantwortete er Fragen der Fans und bekam zahlreiche inhaltliche und organisatorische Vorschläge zu hören.

„Uns reicht es, wenn die Zuschauer für unsere Filme die Kinotickets kaufen“, sagt Tom Zickler, der mit Til Schweiger die Produktionsfirma Barefoot Films führt. „Wenn wir jetzt ankündigen, ,Keinohrhasen - Teil drei’ auf diesem Weg finanzieren zu wollen, würde uns das auch niemand glauben, denn alle wissen, dass wir selbst genügend Geld zusammenbekommen", sagt Zickler. Etwa vier Millionen Euro kosteten Filme wie „Keinohrhasen“ oder „Zweiohrküken“ im Schnitt, 900 000 Euro wurden jeweils vom Medienboard Berlin-Brandenburg finanziert, der Rest aus Verleih und Auslandsverkäufen. „Ab zwei Millionen Kinozuschauer refinanziert sich ein Film mit einem Budget von vier Millionen Euro etwa“, sagt Zickler. „Keinohrhasen“ sahen sich 6,3 Millionen Menschen an, die Fortsetzung „Zweiohrküken“ 4,3 Millionen, beide Male hieß es fürs Medienboard: „Scheck is back“.

Dass Crowdfunding zur Alternative für Filmförderung wird, glaubt auch Petra Müller, Chefin der Filmstiftung Nordrhein-Westfalen, nicht. „Dieser Finanzierungsweg wird sicher zunächst eine Ergänzung sein und nur bei Filmen funktionieren, die eine starke Marke und eine große Community mitbringen“, sagt sie. Das sei bei „Stromberg“ der Fall. Die klassische Filmförderung bleibe aber bis auf Weiteres der sichere Weg für die Produzenten.

Husmann hält es wie der Held seiner Serie: Unkonventionell – bisher mit Erfolg. Eine Woche nach dem Crowdfunding-Start für „Stromberg - der Film“ haben knapp 2300 Fans mehr als die Hälfte der Summe eingezahlt, mehr als 634 000 Euro. 79 Tage bleiben, um die restliche Summe einzutreiben.

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