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Südstaaten-Schwüle: Schmatzende Sümpfe

„Mord in Louisiana“: Bertrand Taverniers Film noir lief nie in deutschen Kinos. Jetzt zeigt ihn das ZDF.

Es ist das Städtchen New Iberia im südlichen Louisiana, in dem Dave Robicheaux (Tommy Lee Jones) als Detective schaltet und waltet, auf seine ureigene Art und Weise. Außen ruppig und schroff, innen weicher Kern – das dürfte auf den Vietnamveteranen und Trinker zutreffen, der hier das Gesetz vertritt und sonst versucht, mit Frau Bootsie (Mary Steenburgen) und Adoptivtochter ein halbwegs anständiges Leben zu führen. Hier, unweit des Flusses, an dessen Ufern zuweilen Opfer der Vergangenheit auftauchen und Unschönes zu Tage fördern. So muss Robicheaux einer Serie von ominösen Morden nachgehen, der Täter hinterlässt seine Opfer brutalst verstümmelt. Und ebenso zufällig, wie der Detective aufgrund Trunkenheit am Steuer den Hollywoodstar Elrod Sykes (Peter Sarsgaard) und dessen Freundin, die Schauspielerin Kelly Drummond (Kelly MacDonald) kennenlernt und ihn erst einmal verhaftet, ebenso zufällig führen ihn seine Wege zu den sterblichen Überresten eines Schwarzen, der einst in Ketten im Fluss ums Leben kam. Die Sümpfe Louisianas haben ihn wieder freigegeben, und hiermit geht wiederum eine ganz andere Geschichte einher, die lange her ist, eine, bei der Robicheaux Augenzeuge eines Verbrechens war.

Der Franzose Bertrand Tavernier verehrt seit jeher das amerikanische Kino – nicht zuletzt über Howard Hawks und John Ford hat er selbst auch publiziert. Sein Film noir „In the Electric Mist“ von 2007, der nun den deutschen, etwas banal klingenden Fernsehtitel „Mord in Louisiana“ trägt, ist die Adaption des Kriminalromans des US-Schriftstellers James Lee Burke. Auf der Berlinale 2009 erlebte „In the Electric Mist“ schließlich seine Premiere im Wettbewerb – und seine einzigen Aufführungen auf deutscher Leinwand.

Mit „In the Electric Mist“ hat Bertrand Tavernier den sechsten von insgesamt 17 sich um Detective Dave Robicheaux drehende Kriminalromane aus Burkes Feder umgesetzt. Zum Glück ist es kein Stoff mit dem prototypischen Hard-boiled-Helden, für den es eine Schande wäre, Gefühle, gar Schwäche zu zeigen. Dieser Detective wird von Tommy Lee Jones eben gerade mit Schwächen interpretiert, mit Gefühlen auch, mit Sinn für das Zwischenmenschliche. Als seine Tochter entführt wird, läuft der Familienvater regelrecht Amok. Ein paar herrliche Gefechte in Wort und Tat liefert sich der Detective auch mit dem kriminellen Möchtegernproduzenten und seinem Ex-Highschoolkameraden Julie „Baby Feet“ Balboni, feist und korpulent, brutal und gewissenlos dargestellt von John Goodman.

Bei alledem wirkt „In the Electric Mist“, der sich durchaus 120 beinahe epische Erzählminuten Zeit lässt, wie ein pastos angelegtes Gemälde, mit einer dick aufgetragenen Farbgebung, mit Bildern, die im schmutzig-schmatzenden Grün der Sümpfe und Flüsse Louisianas geradezu zu schwelgen scheinen. Für diese Fotografie ist Kameramann Bruno de Keyzer verantwortlich, dem es ein Anliegen war, das besondere Licht Louisianas einzufangen.

Und so sind es denn auch die beeindruckenden Bildkompositionen, die starke Visualität, diese gewaltigen und doch poetisch-morbiden Sumpf- und Flusslandschaften, die „In the Electric Mist“ sehenswert machen. Thilo Wydra

„Mord in Louisiana“, ZDF, 22 Uhr 25

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