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Befragt wurde Bundespräsident Christian Wulff (l.) am Mittwoch von Ulrich Deppendorf und Bettina Schausten. Foto: dpa

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Talk: Das große Schweigen

Länger in der Winterpause: Warum es bei ARD und ZDF in dieser Woche noch keinen Talk zu Christian Wulff gegeben hat.

Werden die Talkshows in ARD und ZDF einmal dringend gebraucht, sind sie nicht da. Still und starr verharren die Talker in der Winterpause, obwohl es in dieser Woche mit Bundespräsident Christian Wulff, seinem umstrittenen Kredit und seinen Anrufen bei „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann besten Diskussionsstoff gab.

Rund 20 Minuten lang stellte sich Wulff am Mittwochabend den Fragen von Ulrich Deppendorf und Bettina Schausten, die Sendung wurde zeitgleich in ARD und ZDF ausgestrahlt, mehr als elf Millionen Zuschauer sahen zu – und wurden mit dem, was sie zu sehen bekamen, anschließend mehr oder weniger allein gelassen. Das Erste zeigte vor dem Interview eine Extra-Ausgabe der „Tagesthemen“, zog später den ursprünglich geplanten Sendetermin der regulären „Tagesthemen“ von 23 Uhr 45 auf 22 Uhr 15 vor. Deppendorf ordnete hier die Aussagen des Bundespräsidenten kurz ein, auch das „heute journal“ des ZDF berichtete über das Gespräch. Nicht aber nutzten die Öffentlich-Rechtlichen die Gelegenheit, die „Sendung mit dem Wulff“ in einer Talkshow zu hinterfragen.

Eine solche Runde wäre der ideale Ort gewesen, um mit Experten über Wulffs Antworten zu diskutieren, über die Art und Weise, wie er sich präsentierte, über die Themen, die in den 20 Minuten nur kurz oder gar nicht angesprochen wurden – und auch darüber, warum ARD und ZDF exklusiv den Zuschlag bekamen.

Im ZDF stand eine Extra-Talksendung offenbar gar nicht zur Debatte. „Wir haben das nicht erwogen“, sagte Maybrit Illner am Freitag. In der ARD dagegen war Anne Will am Mittwoch für eine Sendung bereit. „Wenn Wulff am Mittwoch zurückgetreten wäre, hätten wir gerne eine Sendung dazu gemacht, waren auch darauf vorbereitet. Doch dann stellte sich Mittwochmittag heraus, dass der Bundespräsident ARD und ZDF ein Interview geben und nicht zurücktreten wird. Damit waren wir raus“, sagte Anne Will, die am 25. Januar wieder mit ihrem Talk startet.

Eine Programmänderung wäre ein „zu drastisches Signal“ gewesen, sagte ARD-Programmdirektor Volker Herres der „FAZ“. Man habe sich am Donnerstag „dagegen entschieden, das Abendprogramm umzuwerfen. Wenn wir eine Talkshow im Regelprogramm hätten, wäre das etwas anderes. Es wäre auch etwas anderes, wenn nach dem Interview des Bundespräsidenten neue, ihn gravierend belastende Informationen vorlägen. Man muss die Signalwirkung einer großflächigen Programmänderung bedenken. Das hätte auch so verstanden werden können, als betreibe die ARD jetzt eine Kampagne.“ Doch kann eine „Bundespräsidentenshow“ (FAZ) ohne klare Einordnung ebenso als Signal verstanden werden.

Erst am Sonntag widmet sich ARD-Talker Günther Jauch nach seiner regulären Rückkehr aus der Weihnachtspause der Debatte um den Bundespräsidenten. Ein Talk, der vier Tage früher hätte kommen müssen. Sonja Pohlmann

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