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Verkatert. Hauptkommissarin Inga Lürsen (Sabine Postel) und Kommissar Stedefreund (Oliver Mommsen) sind Europas Grenzschutz-Polizisten auf der Spur – und einer Afrikanerin, die Jagd auf diese macht. Foto: Radio Bremen

© Radio Bremen/Jörg Landsberg

Tatort: Auf der Flucht

Der Bremer „Tatort“ gibt sich sehr kämpferisch. Es geht um Grenzschutz, es geht um Flüchtlingsfagen.

Immer sehen die regionalen „Tatorte“ auch ein bisschen nach Tourismuswerbung aus. Darum wirkt das triste Bremerhaven wieder einmal fast so exotisch wie Dubai. Und ein Containerhafen wird ins Bild gesetzt wie im schönsten Industriefilm. Diesmal aber ist die Schönheit vor allem Fassade. Dieser Krimi lädt uns ein, dahinterzuschauen. Wo Güter umgeschlagen werden, kommen auch Menschen an. Ein Hafen ist nicht Heimat, sondern der Berührungsort mit dem Fremden.

Das Fremde, eine dunkle Frau, angeblich aus Togo, steht auch im Zentrum des neuen Bremer „Tatorts“ mit dem doppelbödigen Titel: „Der illegale Tod“. Die Frau hat einen Namen: Amali Agbedra. Sie hat sich durchgeschlagen und haust nun in einem abgerissenen Asylbewerberheim. Gespielt wird sie von Florence Kasumba. Schon als Christoph Maria Herbst in „Kreutzer kommt“ sein Krimi-Debüt gab, spielte Kasumba eine geheimnisvolle Afrikanerin. In dem Pro-7-Krimi war das damals das Rätsel: Tatsächlich war die Barsängerin ein Kerl. Amali ist dies im „Tatort“ ganz und gar nicht. Sie ist Afrika, mitten in Europa – und ihr Geheimnis wird uns in wackeligen Bildern eines Handyvideos enthüllt. Raffiniert verfolgt sie eine Mission – und dazu beschafft sie sich K.o.-Tropfen und eine Waffe.

Die Gegenspieler sind eine kleine Crew braver Angehöriger der Wasserschutzpolizei. Ein früherer Auslandseinsatz für die europäische Agentur „Frontex“ verbindet sie. Klaus Kastner (Daniel Lommatzsch) ist besonders labil; Elena Janson (Ulrike C. Tscharre) ist besonders tough. Erneut tritt die einstige „Lindenstraße“-Darstellerin im „Tatort“ auf und unterstreicht, wie sehr sie dem „Lindenstraßen“-Universum mittlerweile entwachsen ist.

Auch diese „Frontex“- Gruppe hat ein Geheimnis. Dasselbe Handyvideo und hochmoderne Satellitentechnik werden es am Ende lüften. Und die Kommissare? Überfordert taumeln sie zwischen den Fronten herum. Am Ende erfahren sie einmal mehr, dass Recht nicht dasselbe ist wie Gerechtigkeit. Stedefreund (Oliver Mommsen) ist angeschlagen, weil er am Wochenende einen alten Kumpel zur Sauftour wiedertrifft, das albern-pubertäre Ritual der Blutsbrüderschaft erneuert - und plötzlich ist der gute Freund verschwunden. Inga Lürsen (Sabine Postel) ist betäubt, weil ausgerechnet ihre strebsame Tochter nun auch ihre Chefin ist. Sie könnte stolz sein, doch unterstellt die abgebrühte Altlinke ihrer Tochter sofort karrieregeilen Opportunismus.

Suchend und taumelnd wie die Kommissare bewegt sich auch die ambitionierte Kamera (Marcus Kanter). Für immer wieder ungewöhnliche Einstellungen sorgt Regisseur Florian Baxmeyer, der im Jahr 2002 für seinen Kurzfilm „Die rote Jacke“ den Studenten-Oscar erhielt. Schon damals ging es um das, was wir so verharmlosend „Flüchtlingsfragen“ nennen. Diese werden ihn und uns nicht loslassen. Nach diesem Krimi – so das feste Vorhaben – sollte man sich wirklich endlich genauer informieren, was eigentlich diese europäische Institution „Frontex“ so treibt.

„Tatort - Der illegale Tod“,

ARD, 20 Uhr 15

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