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Sonntagsmord.  Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Kollegin Bibi Fellner (Adele Neuhauser) hätten gerne gefrühstückt.

© ARD Degeto/ORF/Petro Domenigg

"Tatort" aus Wien: Der dritte Mann

Erst stürzt ein iranischer Atomphysiker aus dem Hotelfenster, dann legen sich die Wiener „Tatort“-Ermittler mit dem israelischen Geheimdienst Mossad an.

Raubein Moritz Eisner, der Wortkarge, Typ „einsamer Cowboy“, und die Bibi Fellner mit ihrer gebrochenen Persönlichkeit und dem Helfersyndrom gehören zu den interessanteren „Tatort“-Teams. Aufrichtigkeit, das charakterisiert die Wiener Chefinspektoren, gespielt von Harald Krassnitzer und Adele Neuhauser, vielleicht am ehesten. Die große Welt gerät überall aus den Fugen, ist ungerecht, korrupt, aber in Österreichs Hauptstadtkrimi wird diesem Missstand besonders nachdrücklich entgegengetreten. Der Cowboy und seine unerschrockene Kollegin gegen den Rest der Welt, gegen Menschenhändler, Waffenschieber, Pharmakonzerne, Agrarbosse, korrupte Politiker. Da wundert es nicht, dass sich Moritz Eisner und Bibi Fellner in ihrem neuen Fall auch mit dem israelischen Geheimdienst Mossad anlegen.

In „Deckname Kidon“ gerät das Ermittlerduo zwischen die Fronten eines Agentenkrieges. Hintergrund ist der Konflikt um das iranische Atomprogramm. Der hochrangige iranische Diplomat und Atomphysiker Dr. Ali Reza Bansari fällt aus dem Fenster seines Wiener Hotelzimmers auf ein Taxi. „Das ist doch Selbstmord, was machen wir da überhaupt?“, motzt Eisner, der zu Hause seine vorübergehend im Rollstuhl sitzende Tochter zu versorgen hat, über den Einsatz am Sonntagmorgen. Natürlich ist das kein Selbstmord. Kein Mensch schluckt Kopfschmerztabletten zum Frühstück, hängt sein Handy an die Ladestation, bestellt Opernkarten und bringt sich danach um. Mit Eisners Müdigkeit ist es endgültig vorbei, als ein iranischer Botschaftssekretär ins Hotelzimmer platzt, wichtige Beweisstücke einsammelt und auf seine diplomatische Immunität pocht.

Die Jagd nach dem Täter gerät in den Hintergrund

Diplomatische Immunität. Dienstvorschriften. Damit darf man Eisner und Fellner gar nicht erst kommen, wenn es um die Wahrheitsfindung geht. Was sich in den nächsten 90 Minuten abspielt, ist eine Mischung aus James Bond und einer Prise Opernball. Der schmierige Lobbyist Graf Trachtenfels-Lissé (Udo Samel!) mit seinen direkten Drähten zu den Zulieferern fürs iranische Atomprogramm sowie zu Eisners Vorgesetztem Rauter (Hubert Kramar) und der Regierung in Wien ist ein rotes Tuch für die beiden Ermittler. „Herr Eisner, Sie können nicht gewinnen. Wir haben das Geld, wir haben die Beziehungen, wir scheißen uns nichts. Und Sie? Sie haben kein Geld, keine Beziehungen und müssen sich an die Regeln halten.“ Bei solch Infamie gerät die Jagd nach dem Täter, dem Mörder von Bansari, fast in den Hintergrund. Auflösung, vielleicht sogar Hilfe (?), naht von dritter Seite – mit dem Mossad. Ein gradliniger Krimi. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. „Tatort: Deckname Kidon“, Sonntag, ARD, 20 Uhr 15

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