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Lieber allein als zu zweit. Kommissar Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) begegnet der neuen Kollegin Katharina Lorenz (Petra Schmidt-Schaller) mit Distanz. Er sieht sie als Hospitantin, die ihn bei den Ermittlungen stört. Foto: NDR

© NDR/Christine Schröder

Tatort-Debüt: Großes Kaliber

"Ey, Dicker, was geht?“: Der „Tatort“-Kommissar Thorsten Falke von Wotan Wilke Möhring ist ein Bulle mit Bauchgefühl und Rock'n'Roll-Sound.

Noch ein Neuer: Wotan Wilke Möhring ist neben Til Schweiger der zweite bekannte Schauspieler, der beim Hamburger „Tatort“ ermittelt. Da Schweiger nur für einen „Tatort“ im Jahr Zeit hatte, war noch Platz für einen weiteren Hauptkommissar. Und auch wenn Möhring im ersten Schweiger-„Tatort“ den Kollegen auf der Bürotoilette trifft, haben die beiden nichts miteinander zu tun und arbeiten auf zwei verschiedenen Dienststellen. So viel zur Klärung der Zuständigkeiten.

Ein bisschen kann man ja auch den Überblick verlieren. Mit Maria Furtwängler in Hannover, Axel Milberg und Sibel Kekilli in Kiel schickt der NDR nun vier namhafte „Tatort“-Teams durch den Norden. Mit der neuen Ermittlerfigur Thorsten Falke sind es insgesamt mittlerweile 20 „Tatort“-Kommissare. Der Neue soll dabei in Bezug auf Til Schweiger weder Zweitbesetzung noch Konkurrenz sein. Er ist auch nicht fest in Hamburg verortet, sondern ermittelt, wie im nächsten Fall, auf einer ostfriesischen Insel, wo er Urlaub macht.

Wotan Wilke Möhring gibt den Bullen mit Bauchgefühl

Im „Tatort: Feuerteufel“ geht es um Autobrandstiftungen. Ein Wagen in einem noblen Elbvorort brennt aus. Wieder einmal. Doch dieses Mal gibt es eine Tote. Eine Frau, die offensichtlich in dem Auto eingeschlafen war, kann sich nicht rechtzeitig retten. Die Stimmung in der Stadt ist aufgeladen, eine Bürgerwehr versucht, auf eigene Faust Sicherheit zu schaffen, die autonome Szene ist in Aufruhr. Thorsten Falke, der Bulle mit Bauchgefühl, der selbst aus einem Hamburger Problemstadtteil stammt, sucht nach Anhaltspunkten. Dabei ist er zunächst ganz auf sich allein gestellt, denn zu seiner großen Enttäuschung hat sich sein bisheriger Partner und Freund seit Jugendtagen, Jan Katz (Sebastian Schipper), klammheimlich in den Innendienst versetzen lassen. So muss er mit der Unterstützung einer jungen Hospitantin vom Branddezernat des LKA, Katharina Lorenz (in Hotpants und dünnem Top: Petra Schmidt-Schaller), vorliebnehmen, was für erste Verwerfungen sorgt.

Thorsten Falke ist ein handfester, gerader Typ, der die nötige „streetcredibilty“ besitzt, um in den entsprechenden Milieus zu ermitteln. Er lebt mit einem Kater namens Elliot zusammen, hat einen Sohn, der nichts von seinem Vater weiß, und trinkt gerne Milch aus der Tüte. Als Klingelton auf seinem Handy läuft der Anfang von „Sympathy for the devil“ von den Rolling Stones und dass er ein Ramones-T-Shirt trägt, spielt auf die oft erwähnte Punk-Vergangenheit des Schauspielers an.

Wenn Wotan Wilke Möhring mit dieser leicht krächzigen Marius-Müller-Westernhagen-Stimme zu seinem Kater sagt: „Ey, Dicker, was geht?“ entsteht ein lässig männlicher Rock-’n’-Roll-Sound, der auf entspannte Weise gute Laune verbreitet, ohne uncool zu sein. Dieser Kommissar ist zum Glück kein schräger Vogel und kein Clown, aber auch kein Feingeist und kein Psychopath. Er ist einfach ein ganzer Kerl, klar, loyal, nach vorne gerichtet. Der Zuschauer hat Lust, mit ihm die bösen Jungs fangen zu gehen.

Bisher war er nur als Verdächtiger im "Tatort" dabei

Für Möhring ist es das erste Mal, dass er sich für die Rolle in einer Reihe entschieden hat. Vier Mal war er bereits im „Tatort“ dabei, immer als Verdächtiger. „Es reizt mich, mal der zu sein, der bleibt. Sonst gehöre ich immer zu denen, die gehen, wenn ein Film abgedreht ist“, sagt er. Tatsächlich bleiben aber auch manche Ermittler nicht lange. Nach sechs Einsätzen verließ Mehmet Kurtulus den Hamburger „Tatort“, und gerade verabschiedete sich Nina Kunzendorf nach nur fünf Folgen als Conny Mey in Frankfurt. Kurioserweise taucht sie im nächsten Fall von Thorsten Falke mit einem Gastauftritt als Leiterin der Mordkommission wieder auf. Kein Wunder: Bei ihrem Blitz-Comeback führt ihr Lebensgefährte Stefan Kornatz Regie.

Wotan Wilke Möhring spricht oft davon, dass er eine Verantwortung für seine Figuren habe. Für den „Tatort“, einem „fast heiligen Kulturgut“, wie er findet, gilt das genauso. „Man spielt ja nicht anders, nur weil da eine besondere Quotenerwartung draufliegt“, sagt er. Dem Team sei es bei der Figurentwicklung nicht um Abgrenzung gegangen. „Es ist wie beim Fußball: Du musst dein Spiel machen. Wenn du das Spiel der anderen annimmst, hast du schon verloren.“

Der Regisseur von „Feuerteufel“, Özgür Yildirim, der 2008 bereits in dem brutalen Gangsterfilm „Chiko“ bewiesen hat, dass er das deutsch-türkische Drogenmilieu authentisch inszenieren kann, setzt hier stark auf den Kontrast von Problemkiez und bürgerlicher Idylle. Die Kamera von Matthias Bolliger überzieht die hochsommerlichen Großstadtbilder mit einem gelben Filter und kippt die Welt der kleinkriminellen Jugendlichen aus dem Rahmen. Ein kinohafter, großkalibriger Krimi mit viel Bauchgefühl.

„Tatort: Feuerteufel“, 20 Uhr 15, ARD

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