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Mit einem Serienmörder haben es Kriminalhauptkommissar Klaus Borowski (Axel Milberg) und Kommissarin Sarah Brandt (Sibel Kekilli) in ihrem zweiten Fall zu tun.

© NR

"Tatort": Kieler Antikörper

Grüblerischer Kommissar, einsame Opfer, perverse Morde: Henning Mankell liefert dem „Tatort“ mit Axel Milberg und Sibel Kekilli eine Vorlage à la „Wallander".

Wow, was ist mit dem „Tatort“ los? „Borowski und der coole Hund“ wirkt so, als werde der gute alte Sonntagskrimi bei seinen Wurzeln gepackt. Spannung, Thrill, Suspense, offenbar musste Geschichtenlieferant Henning Mankell ran, um dem ohnehin nicht schlechten Kieler Kommissar Klaus Borowski alias Axel Milberg noch mehr Leben einzuhauchen, übrigens schon zum zweiten Mal. Eine Story mit viel „Wallander“-Touch, Elementen aus Mankells berühmter Romanreihe: Grüblerischer Kommissar, einsame Opfer, düstere Grundstimmung, perverse Tötungsarten, eine in ihrem Wahn übergroße Täterfigur. Dazu hypnotische Bilder am Rande der Schmerzgrenze. Der Plot: Nach einem Schäferstündchen wird ein Mann beim Sprung in die Ostsee von Bambusstäben aufgespießt. Die Tat eines Verrückten? Oder doch nur Zufall? Scheinbar spielt Ina Santamaria (Mavie Hörbiger) eine Rolle, die Geliebte des Toten mit Hang zur Selbstverstümmelung, die ihre zahlreichen Liebhaber in Internet-Chatrooms kennenlernt. Wie sich hinterher herausstellt, litt der Tote auch noch an Tollwut, was den Kollegen Endberg nach Kiel reisen lässt. Der schwedische Kommissar sucht einen tollwütigen Hund, der in Göteborg den Tod eines Mädchens verursacht hat. Was hat dieser Hund mit dem tödlichen Sprung in die Ostsee zu tun? Borowski und seine Assistentin Sarah Brandt (Sibel Kekilli) sind ziemlich ratlos. Der Zuschauer über manche Minuten dieses Krimis auch, was dem Bann aber keinen Abbruch tut, weil sich die teils mühsam zusammengeknoteten Geschichten (Buch, nach der Mankell-Geschichte: Michael Proehl) zu einem dramatischen Ende verdichten. Internet-Sex, Tierschutz, Amtshilfe, Depressionen – der NDR hat sich thematisch eine Menge vorgenommen, zudem noch Borowskis neue Kollegin in ihrem zweiten Fall etabliert werden muss. Die Redaktion hat Sarah Brandt ein medizinisches Problem mit auf den Weg gegeben, über das auch nach dieser Folge nur spekuliert werden kann (Diabetes? Drogen? Warum hat die neue Ermittlerin in ihrem Büro einen Totenkopf auf dem Laptop?). Bei allem Suspense – ein „Tatort“ ohne Binnenspannung bei den Ermittlern ist eben doch nur die Hälfte wert. Sarah Brandt lässt die coole Grazie der Polizeipsychologin Frieda Jung (Maren Eggert), die Borowski 2010 verlassen hatte, fast vergessen. Die junge Neue gleich auf Augenhöhe mit dem Chef, gerne auch selbstironisch. Wenn Borowski grantig-böse am Tatort guckt, sagt sie: „Okay, ich fahr’ dann schon mal den Wagen vor.“ Überhaupt, Klaus Borowski und Kurt Wallander, das passt sowieso. „Für Souveränität, eine überschätzte Eigenschaft bei Figuren, die Schauspieler darzustellen haben“, sagt Axel Milberg, „ist im Leben von Wallander und Borowski kein Platz.“ Allerdings nehme Wallander im Gegensatz zu Borowski seine Fälle „irgendwie doch auch persönlich“. Ein irrer „Tatort“, trotz blödem Titel, weit über Durchschnittsniveau, im wahrsten Sinne des Wortes grenzüberschreitend, mit tollem visuellem Konzept, inszeniert von Christian Alvart („Antikörper“), das Ende etwas zu stark auf Effekte getrimmt. Vieles wird nur angedeutet, der Horror entsteht im Kopf. Eine Zumutung, sicher. Wahrscheinlich werden, wie schon bei Kekillis Einstand vor ein paar Wochen, wieder nicht so viele Millionen zuschauen wie sonst bei dem anderen NDR-„Tatort“ mit Maria Furtwängler aus Hannover. Das ist bei diesem Thriller ein Fehler. Mankell, übernehmen Sie öfter! „Tatort – Borowski und der coole Hund“, ARD, 20 Uhr 15

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