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Schön verdächtig. Kommissarin Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) ist fasziniert von dem Mann mit der Narbe (Jürgen Vogel), den sie vor einem Angreifer beschützt hat. Foto: SWR

© SWR/Alexander Kluge

"Tatort" mit Ulrike Folkerts: Der Bizeps-Krimi

Streiten, laufen, lieben: Ulrike Folkerts dreht als Kommissarin Lena Odenthal im neuen "Tatort" auf - auch dank Jürgen Vogel.

Was macht einen guten „Tatort“ aus: Ein raffinierter Mord? Möglichst viele, möglichst ambivalente Verdächtige? Privatgeschichten der Ermittler? Oder alles das zusammen? Vor diese Frage sehen sich Macher und Kritiker Sonntag für Sonntag gestellt – ein Königreich für denjenigen, der darauf eine eindeutige Antwort hat. Gerade der Ludwigshafener „Tatort“ hat in den vergangenen Jahren öfters darunter gelitten, dass er so recht nichts anzufangen wusste mit den Stärken seiner Protagonistin Kommissarin Lena Odenthal alias Ulrike Folkerts: sehr sportlich, sehr streitbar, immer auf der Suche nach starken Gegnern. So gesehen zählt „Lu“ mit Jürgen Vogel als Bösewicht, das vorab, zu den deutlich besseren, empfehlenswerten SWR-Krimis.

Es knistert gewaltig

Ein toter Killer, ein charismatischer Glatzkopf, ein aalglatter Manager: Lena Odenthal hat es in ihrem 63. Fall als „Tatort“-Kommissarin Odenthal schon mal mit verschiedenen Männern zu tun. Es knistert gewaltig. Das liegt vor allem an dem charismatischen Ludwig „Lu“ Wolff (Jürgen Vogel). Als Odenthal dem Glatzkopf mit den großen Tattoos nachts im Präsidium die Fingerabdrücke nimmt, „brizzelt“ es gewaltig zwischen beiden, wie Odenthal es nennt. „Tut es noch weh?“, fragt die dienstälteste „Tatort“-Kraft, nachdem sie eine Narbe im Gesicht des früheren Geldeintreibers befühlt hat. „Mich hat schon lange niemand mehr angefasst“, schäkert der und lobt Lenas gut definierten Bizeps.

In dieser Hinsicht sieht es bei Jürgen Vogel ja auch nicht ganz schlecht aus. Es ist bereits Vogels dritter Auftritt in einem Odenthal-„Tatort“. Da gibt’s wohl eine gute Chemie. Immer wieder schön anzuschauen, wie es der Schauspieler schafft, seinen stets körperbetonten Figuren Gefühle, Verletzbarkeit und Seele einzuhauchen, zuletzt auch zu sehen beim ZDF-Mehrteiler „Blochin“. Sein weißes T-Shirt, das jeden Muskel umspannt, und seine Lederjacke zieht Lu/Vogel fast die gesamten 90 Krimi-Minuten nicht aus. Was es Kommissarin Odenthal deutlich schwerer macht, sich bei ihrer Arbeit zu konzentrieren.

Am Drogengeld ist nun auch Lu interessiert

Die Geschichte? Beginnt mit dem Fund einer Männerleiche auf einem Vordach. In der Nähe des Tatorts sticht Odenthal eben jener Lu, Ludwig Wolff ins Auge. Die Ermittlungen ergeben, dass der Tote ein bulgarischer Auftragskiller ist, der vor 15 Jahren in den Mord an einem Chemiker des „Rhein-Neckar-Chemiewerks“ verwickelt war, dann untertauchte. Um seinen Mörder zu finden, nimmt Odenthals Team den alten Fall unter die Lupe.

Aufnahmen der Überwachungskamera zeigen, dass der von mehreren Schüssen getroffene Chemiker damals blutend über das Firmengelände zum Büro des Kollegen Mark Moss taumelte und in dessen Armen starb. Dieser alerte Moss (Christoph Bach) gibt erstaunlich bereitwillig Auskunft über den Getöteten, der sein Freund war, aber „offenbar immer tiefer in diese Drogengeschichte reingeschlittert ist“. Der Chemiker soll nicht nur Partydrogen genommen, sondern sie auch hergestellt und großen Handel damit betrieben haben. Am Drogengeld ist nun auch Lu interessiert.

Eine moderne, an US-Serien geschulte Regie (bei Jobst Christian Oetzmann sieht das glitzernd-industrielle Ludwigshafen aus wie L.A.), der Cast mit Vogel und Ingrid van Bergen als Ex-Bordellchefin stellen den „Tatort“ über Durchschnitt. Da lässt es sich verschmerzen, wenn das Ganze am Ende in eine Rachegeschichte zwischen Lu und Moss mit krudem Ende abdriftet. Für den Zuschauer ist das vorhersehbar. Mehr als für die Kommissarin und Kollegen Kopper (Andreas Hoppe), aber das ist wohl Odenthals Hormonen geschuldet, zudem sich die Chefin mit der Neuen im Team, Johanna Stern (Lisa Bitter), rumstreiten darf, einer Spezialistin für operative Fallanalyse beim LKA. Ludwigshafen 3.0.

Es habe Phasen gegeben, wo sie daran gedacht habe, den „Tatort“ an den Nagel zu hängen, hat Ulrike Folkerts neulich bei „3 nach 9“ gesagt. „Jetzt kann ich das nicht.“ Sie sieht sich als Hauptkommissarin im Fernsehen alt werden. „Ich werde zur Miss Marple, ganz klar.“ Das gucken wir uns gerne an, wenn das so flott geht und wieder Jürgen Vogel vorbei schaut.

- „Tatort - Lu“, Sonntag, ARD, 20 Uhr 15

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