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Medien: „taz“: Streit über Straßennamen vor Gericht Werbung mit dem iPod

Mercedes, BMW und IBM sind unter die Podcaster gegangen. Ein Kongress in München

„Enteignet Springer!“ So lautete vor knapp 40 Jahren eine Parole bei den Berliner Studentenprotesten. Vor diesem Hintergrund ist es besonders pikant, dass nach dem damaligen Studentenführer Rudi Dutschke jene Straße benannt werden soll, die an der Konzernzentrale der Axel Springer AG vorbeiführt. Gegen diese Entscheidung des Bezirksparlaments Friedrichshain-Kreuzberg gehen betroffene Anwohner und die Hauptstadt-CDU laut „taz“-Bericht jetzt juristisch vor. Deren Interessengemeinschaft, an der der Springer-Konzern beteiligt ist, hat Klage beim Berliner Verwaltungsgericht eingereicht.

Die linksalternative Tageszeitung „taz“ hatte Ende 2004 die Initiative „Berlin braucht eine Rudi-Dutschke-Straße“ ins Leben gerufen. Die Redaktionsräume der „taz“ liegen wie die Springer-Zentrale an jenem Abschnitt der Kreuzberger Kochstraße, über dessen Umbenennung jetzt Richter entscheiden sollen. Während der Studentenrevolte verkörperte Dutschke das Feindbild der Springer-Presse. Linke werfen der „Bild“-Zeitung vor, sie habe mit Hetzparolen zur Eskalation der Gewalt beigetragen, die 1968 in einem Attentat auf den Studentenführer mündete. So sammeln Gegner wie Befürworter der Umbenennung seit zwei Monaten Unterschriften. Die „taz“ hatte nach eigenen Angaben 2337 Unterstützer um sich geschart. Die CDU konnte keine Angaben machen. 5000 Unterschriften benötigt die Union für ihr im Februar gestartetes Bürgerbegehren, mit dem sie die Umbenennung zu Fall bringen will. Doch jetzt haben zunächst einmal die Richter das Wort. dpa

Die Kamera fährt langsam über die matt-silber glänzende Halterung zwischen den beiden Vordersitzen des Luxuswagens. „Wir haben die besten Becherhalter der Welt“, sagt ein Mann in dem kleinen Computervideo. Er ist Entwickler bei Daimler-Chrysler, das Auto stammt aus der Mercedes-R-Klasse. In sechs Folgen stellt Mercedes seinen neuen Wagentyp vor – und zwar als Podcast. Unternehmen haben das Internetmedium für sich entdeckt und die PR-Strategie des „Corporate Podcasting“ entwickelt, die zu den großen Themen gehört, die Ende letzter Woche auf dem ersten Podcast-Kongress in München diskutiert werden.

Wer noch nie etwas von Podcasts gehört hat, ist in guter Gesellschaft, denn dieses Medium ist noch sehr jung. Der Name Podcast stammt von den beiden Wörtern iPod – gemeint ist der trendige MP3-Player von Apple – und Broadcasting – also dem Ausstrahlen von Radio- oder Fernsehsendungen. Einige findige iPod-Besitzer sind auf die Idee gekommen, dass man die MP3-Player für mehr nutzen kann als zum komfortablen Musikhören, eben auch als Verbreitungsweg für selbst geschaffene Sendungen. Ein Mikrofon, ein Computer, ein Internet-Zugang – fertig ist im einfachsten Fall der Podcast, der dann allen Interessierten im Internet zum automatischen Herunterladen und Anhören angeboten werden kann. Alles, was man von der Technik wissen muss, ist, dass es dafür Programme wie iTunes (wenn man einen iPod besitzt) oder Juice und Podspider (für alle anderen MP3-Player) gibt. Die Software kümmert sich um die Details. Und weil der Begriff das Komplizierteste an dem neuen Medium ist, haben neben der freien Podcast-Szene vor allem Radiosender das Podcasting für ihre Wortbeiträge entdeckt, so dass den Hörern (und wie bei der Tagesschau auch den Zuschauern) inzwischen ein breites Angebot an Podcasts zur Verfügung steht.

Wo aber die Massenmedien sind, ist die werbetreibende Wirtschaft nicht weit. Sie verbreitet via Podcast Informationen zu ihren Unternehmen oder ein Lebensgefühl, das zum Produkt passen soll. BMW berichtet im Video über einen Navigator, der freie Parklücken findet, Mercedes stellt musikalische Newcomer als Audio-Podacst vor. Die Antiviren-Firma Symantec liefert jeden Mittwoch einen Sicherheits-Podcast und sagt den Hörern, „worauf sie diese Woche achten sollten“. Und IBM erklärt in der Machart einer Computersendung, warum die neuen Mehrkernprozessoren so viel besser virtuelle Welten erschaffen können. Vieles ist reine Imagepflege, manches journalistisch solide gemachte Hintergrundinformation mit einem Firmenlabel.

Bisher haben vor allem technikaffine Branchen die Audio-Werbung für sich entdeckt. Marc Schmidt, dessen Firma „Fresh Info“ Podcasts für Unternehmen produziert, schätzt, dass es in Deutschland bisher nicht mehr als zwei Dutzend kommerzielle Podcasts gibt. „Das Thema ist noch erklärungsbedürftig.“

„Podcasts eignen sich vor allem als On-demand-Medien“, sagt Schmidt. Gemeint ist damit, dass man seine Wunschsendungen nicht mehr nur dann anhören kann, wenn irgendein Sender sie zufällig gerade im Programm hat. Einen Podcast kann man dann hören, wenn man es möchte. Schmidt: „Viele Menschen lassen sich nun in bisher ungenutzter Zeit angenehm informieren.“

In dieses Zeitfenster will auch die werbetreibende Wirtschaft. Nicht als neue Form akustischer Werbung, „man muss dem Hörer schon einen Mehrwert bieten, zum Beispiel eine Information, die er an anderer Stelle nicht bekommt“, sagt Schmidt. Dabei muss der Podcast nicht zwingend von der Firma handeln. Gesucht wird Kundenbindung und Vertrauensbildung. Und dafür setzt man idealerweise Leute ein, die selbst einen Podcast betreiben. Das weiß auch die Automarke Mini, die für die Leipziger Messe „Auto Mobil International“ Videopodcasts in Auftrag gegeben hat. Ganz so edel wie die professionell produzierten Werbebilder von Mercedes wirkt das zwar nicht – dafür macht das Zuschauen mehr Spaß. Und darum geht es schließlich den Podcast- Fans.

Der Podcast-Kongress im Netz

www.podcast-kongress.de

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