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© Spiekermann-Klaas

Pimp my PC - der Werkstattbericht: Abschied von der Pizzaschachtel

Modding - so nennt die PC-Gemeinde das Aufhübschen von Rechnern. Mehr Licht, mehr Farbe und ein ungewöhnliches Gehäuse sind Pflicht. Deren Montage verläuft nicht immer nach Plan. Doch Rückschläge machen den Jubel im Ziel nur umso schöner. Der Bericht zu unserem Selbstversuch.

Ihren ersten Mac nannte meine Freundin liebevoll "Pizzaschachtel": Denn der war genauso flach wie die Verpackung der "Tono", die Antonio am Abend lieferte und deren Verzehr die Vollendung vieler Seminararbeiten erst möglich machte. Der Mac kam mit Maus, Display und grauen Kabeln. Grau war eher unüblich, denn die meisten Bauteile waren beige. Später wurden alle grau. Bis Apple den rundgelutschten, quietschbunten Imac brachte. Da staunte die PC-Gemeinde - und schielte neidisch auf das Kultobjekt. Irgendwann in dieser Zeit muss das "Modding" mausgrauer Rechner Mode geworden sein. Heute kann fast jeder einen bunt-blinkenden PC bauen, in Farbe und Leistung nach Wahl - sogar ein Redakteur des Tagesspiegels.

Gestillt wird dabei auch, zugegeben, der gewöhnliche Warenfetischismus: Denn wer seinen Rechner selbst montiert, bekommt zu jedem Bauteil einen coolen Karton. Apple-ianer machen deshalb das Entpacken zum Kult: "unpacking" nennen sie es, filmen und stellen es ins Netz. Doch in dieser Disziplin ziehen sie im Vergleich zur PC-Gemeinde den Kürzeren: PC-Modder packen fürs Geringste zehn Päckchen aus. Und sie dürfen die bunten Bausteine sogar selbst ineinander stecken - "wie Legosteine" beschreibt es ein Kollege treffend.

Um hier aber nicht einzig und allein dem schönen Schein der Warenwelt zu verfallen, stellt der Tagesspiegel - mit Unterstützung der spendenden Hersteller - diesen Selbstversuch in den Dienst einer guten Sache: Der hier vorgestellte Rechner wird versteigert. Der Erlös fließt in die gemeinnützige Tagesspiegel-Stiftung. Bieten Sie also mit! Es lohnt sich - auch wegen der Technik!

Denn die ist vom Feinsten und spektakulär verpackt dazu. In Ansehung des PC-Einerleis wählten wir ein Gehäuse, das mit allen Gesetzen bricht. Keine Schachtel, kein Tower, nicht quadratisch, eckig oder flach: Das Skeleton von Antec ist wie ein Bogen geformt, ähnelt dem Ludwig-Ehrhardt-Haus von Stararchitekt Nicholas Grimshaw, kommt ohne Gehäusewände und gibt also sein Innerstes preis. Dort blinkt und schnurrt und leuchtet es, denn PC-Bausteine sind heute eine Augenweide - jedenfalls die aus dem oberen Segment des Marktes.

Zum Beispiel die Hauptplatine auch Mainboard genannt (Gigabyte GA-EX58-UD5P): Sie ist das Grundgerüst des Rechners und sieht aus wie eine Stadt voller Brücken (North- und Southbridge) und Straßen, mit Ampeln und Warntafeln. Das ist nicht nur hübsch anzusehen, sondern auch nützlich: Bleibt der Rechner hängen, kann man sogar ohne Bildschirm eingrenzen, woran es hapert: Zwei digitale Ziffern zeigen einen Fehlercode an. Praktisch auch: Auf dem Board gibt es blau leuchtende Tasten für Neustart und Wiederherstellung von Werkseinstellungen (Cmos-clear) - zur schnellen Korrektur von Tuningfehlern.

Auf das Board befestigten wir den zweitschnellsten Prozessor am Markt: Intels Core i7 965, dazu drei Arbeitsspeicher von Kingston (HyperX) und eine "Festplatte" der neuen Generation: eine "Solid State Disc" von Supertalent (SX). Dieses Dreigespann macht das möglich, was wir seit Jahren vermissen: arbeitsbereit ist dieser Rechner eine gute halbe Minute nach dem Einschalten, schneller geht's mit Windows kaum. Das liegt am rasanten Zugriff der SSD auf die dort gespeicherten Windowsbefehle, deren rasche Übertragung an Arbeitsspeicher und CPU, wo sie im Eiltempo verarbeitet werden. So macht das Bearbeiten von Videos und Fotos Spaß, und deren Umwandlung zu einem kurzweiligen Vergnügen.

Was noch fehlt? Ohne Grafikkarte kein Bild. Hier bestimmte nicht Leistung allein unsere Wahl, sondern auch die Innovation. Atis 4770-Modell ist die erste Karte, die in einer neuen Strom sparenden Fertigung gebaut wird. Besonders bei starker Belastung macht sich das bezahlt. Die Leistung reicht für Spiele natürlich aus - und wer in die absolute Oberklasse vorstoßen will, steckt eine zweite baugleiche Karte auf die Platine - zusammen feuern ("Crossfire") sie so schnell wie fast keine andere am Markt.

Ein starkes Netzteil mit 750 Watt und ein Sony-Laufwerk, das die brandneuen Blue-Ray-Discs mit hoch auflösenden Filme abspielt, kommen hinzu. Für einen Multimedia-Rechner Pflicht außerdem: Eine TV-Karte (Hauppauge), hier im praktischen USB-Format: Falls das Überall-Fernsehen (DBTV) mal mit dem Laptop auf Reisen gehen soll.

Das Bauteil-Puzzle ist leicht zu stecken. Vorsicht beim Auftragen der Wärmeleitpaste zwischen CPU und Kühler: nicht zu dick! Spitze Finger sind beim Aufstecken der kleinen Kabel auf das Mainboard gefragt, damit Starttaste und LED-Leuchten am Gehäuse Strom ziehen können. Wo was hingehört, steht auch im Handbuch, das im Netz sogar in deutscher Sprache zu finden ist.

Richtig spannend wird es jetzt, beim Starten - Erfolg im ersten Anlauf! Der Rechner schnurrt, dass es eine Freude ist. Jetzt noch Vista aufspielen - und das brandneue Windows7. Die Testversion ist eine Augenweide. Und sie erkennt alle Bausteine ohne zu murren. Dabei haben wir das 64-Bit-System aufgespielt. Das kann den kompletten Arbeitsspeicher (6 Gigabyte) nutzen - und nicht nur knapp drei Gigabyte.

Fazit: Es macht Spaß und am Ende steht der maßgeschneiderte Rechner - und kein PC von der Stange.

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