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"The Sun Chronicle": Kommentare kosten extra

Diffamierungen, Pöbelattacken, falsche Behauptungen: Dem Verleger von "The Sun Chronicle" reicht es. Die Zeitung verlangt für Posts 99 Cent.

Im Frühjahr reichte es Oreste D’Arconte endgültig. Schon seit ein paar Jahren hatte sich der Verleger mitangesehen, wie Leser auf der Website seiner Zeitung "The Sun Chronicle", die im US-Staat Massachusetts erscheint, Kommentare schrieben, in denen sie die Redakteure oder die im Artikel beschrieben Personen beleidigten, falsche Behauptungen aufstellten oder pöbelten, weil es ihnen gerade eben so passte. Belangen konnte er keinen der Verfasser, denn alle der rund 6000 registrierten Kommentatoren schrieben anonym. Heute gibt es beim "Chronicle" nur noch 18 registrierte Kommentatoren. Sie alle schreiben unter ihrem richtigen Namen – und zahlen dafür auch noch Geld: 99 Cent.

Damit ist "The Sun Chronicle", die nach eigenen Angaben eine verkaufte Auflage von 16 000 Exemplaren hat und monatlich 400 000 Visits auf ihrer Website verzeichnet, weltweit wohl die einzige Zeitung, die von ihren Lesern Geld für Kommentare unter Online-Artikeln verlangt. Ein Schritt, mit dem sie kein geringes Risiko eingeht: Denn eigentlich dient die Kommentarfunktion bei einer Zeitung auch dazu, besser mit den Lesern zu interagieren und sie enger an sich zu binden. Diesen Nutzen sieht zwar auch D’Arconte, doch er meint, dass die Leser die Verhaltensweisen im Netz unter dem Schutz der Anonymität eklatant missachtet hätten.

Diesen „Exzessen der Vergangenheit“ will der Verleger mit dem Bezahlmodell nun ein Ende setzen. Eine Arbeitsgruppe hat es entwickelt, nachdem die Kommentarfunktion seit April komplett abgeschaltet war. Seit vergangenem Mittwoch nun müssen die Kommentatoren für ihre Posts eine Gebühr von 99 Cent per Kreditkarte zahlen, bei Veröffentlichung werden ihr Name und Wohnort angegeben. Zugleich müssen sie zustimmen, dass sie für den Inhalt ihrer Kommentare rechtlich verantwortlich sind. Auch wenn die Zahl der registrierten Kommentatoren erheblich eingebrochen ist, fürchtet D’Arconte keinen Schaden für sein Blatt. "Selbst wenn wir einen kleinen Rückgang bei Klickzahlen auf unserer Website haben, werde die Leute jetzt sicher nicht aufhören, die Zeitung zu lesen", sagt er.

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