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Medien: Themen und Tütensuppen

Alle Parteien zusammen geben in diesem Wahlkampf 70 Millionen Euro aus – für Plakate und Fernsehspots, für Hauswurfzeitungen und Wahlfeten. Wenn Lebensmittelkonzerne einen neuen Becherjoghurt oder eine neue Tütensuppe auf den Markt bringen, werden ähnliche Summen investiert.

Alle Parteien zusammen geben in diesem Wahlkampf 70 Millionen Euro aus – für Plakate und Fernsehspots, für Hauswurfzeitungen und Wahlfeten. Wenn Lebensmittelkonzerne einen neuen Becherjoghurt oder eine neue Tütensuppe auf den Markt bringen, werden ähnliche Summen investiert. Die Wahrscheinlichkeit, dass Joghurt oder Suppe dann floppen, liegt bei über 80 Prozent. Nun wollen wir Angela Merkel nicht mit einem Becherjoghurt gleichsetzen oder Gerhard Schröder mit einer Tütensuppe. Doch das Beispiel verdeutlicht, dass Wahlkampf mehr ist als ein paar Plakate oder Wahlreden. Es geht um Themen.

Man kann versuchen, selbst Themen zu setzen – Agenda Setting nennen das die Strategen. Das klappt in diesem Wahlkampf kaum: Selbst das Thema Mehrwertsteuer sorgt allenfalls auf FDP-Veranstaltungen für leicht erhöhten Pulsschlag. Oder man wartet drauf, dass einem ein Thema in den Schoß fällt; das nennt man dann Agenda Surfing. Hat ein solches Thema Empörungspotenzial, funktionieren die Medien zuverlässig – sie heizen den Krach kräftig an. Das Echo auf das Ossi-Bashing von Schönbohm und Stoiber hat den Gegnern von CDU und CSU mediale Effekte beschert, die – in Anzeigenraum oder Werbezeit gerechnet – viele Millionen Euro wert sind.

Kann man so was planen oder gar steuern? Voraussetzung ist erst einmal, dass der Gegner Fehler macht; die Fehler der Union werden momentan in ihrer Wirkung dadurch vervielfacht, dass sich CDU und CSU immer noch den Luxus zweier unabhängiger Kampagnen leisten – ohne Koordination, ohne Sprachregelungen, ohne Loyalität.

Fehler müssen dann von der Gegenseite natürlich ausgenutzt werden. Das machen SPD und Grüne gerade ziemlich geschickt; auf Wahlveranstaltungen, in Interviews, auf den diversen Websites wird in der Wunde gebohrt; das Argument: Die Merkel hat noch nicht mal ihren Laden im Griff, wie will sie dann Deutschland regieren?

Wie kann die Union reagieren? Durch Agenda Cutting, den Wechsel des Themas – vielleicht mit dem Hinweis auf Franka Dietzsch, unsere Diskus-Weltmeisterin aus Neubrandenburg. Und siehe: Auch Frauen (!) aus Ostdeutschland (!) können einen Sieg für die ganze Nation holen.

Michael Geffken

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