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Winzer wird Bürgermeister. Yiannis Boutaris regiert in Thessaloniki. Foto: Arte

© Dimitris Athiridis

Thementag: Arte zeigt, wie die Griechen der Krise trotzen

In den Nachrichten kommt Griechenland vornehmlich als Krisenland vor. Der Arte-Thementag über das Mittelmeerland zeigt, wie die Griechen den Auswüchsen der Krise begegnen.

Die wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Krise Griechenlands bietet sich an für schlechte Nachrichten ohne Ende. Aber die vielschichtige Rezession muss nicht gleichbedeutend sein mit der Depression der Menschen. Der deutsch-französische Kultursender Arte wird am heutigen Donnerstag in einem Thementag aufzuzeigen versuchen, mit welchen Initiativen Griechen den Auswirkungen und Auswüchsen der Krise begegnen. Von 9 Uhr 15 an laufen 16 Dokumentationen und zwei Spielfilme.

Im Abendprogramm lenkt der Beitrag, „Kleines Land“ um 20 Uhr 15 den Blick auf die Insel Ikaria im Ägäischen Meer. Der 35-jährige Informatikingenieur Theodoris ist quasi dorthin geflüchtet, aus Athen, der Hauptstadt der Arbeitslosigkeit. Theodoris hat seine ganzen Ersparnisse zusammengerafft und für 4000 Euro alte Landmaschinen und eine Ruine von Bauernhof erworben. Doch der junge Mann kommt nicht weit. Der gnadenlos trockene Sommer vernichtet die erste Ernte, auf die Theodoris so viel gesetzt hat. Dann aber passiert etwas, was vielleicht typisch ist für Ikaria oder das ländliche Griechenland: Die Inselbewohner helfen dem Neuankömmling. Er soll bleiben, nicht den Mut verlieren. Ikaria ist eine erstaunliche Insel, die Menschen sind ausgeglichen, sie leben nicht nur besser als ihre Zeitgenossen, sie werden auch älter. Autor Nikos Dayandas spürt den Ursachen und dem Mut des Umsteigers Theodoris nach.

Im Gegensatz zum Informatikingenieur kannte Dimitris Tsiganos aus Messina die Krise nur als Wort. Sein Agrarbetrieb „Hardships & Beauties“, auf Melonen und Eisbergsalat spezialisiert, funktionierte. Dann spielte das Wetter verrückt, die Mutter starb, der Betrieb geriet ins Rutschen, wie der anschließende Film „Magere Jahre, fette Jahre“ (21 Uhr 10) beschreibt. Der Westernfan, der sich Mitsigan (Michigan) nennt, sucht Freunde auf, fragt sie um Rat – Kimon Tsakiris ist dabei und begleitet Tsiganos in einer Art Roadmovie.

Der Film „Einen Schritt voraus“ um 22 Uhr 15 schildert eine so ungewöhnliche wie späte Karriere – die des Winzers Yiannis Boutaris. Sie startete, als Thessaloniki, Griechenlands zweitgrößte Stadt, Ende 2010 in den Machenschaften und der Misswirtschaft von Verwaltung und Politik unterzugehen drohte. 68 Jahre ist Boutaris alt, als er beschließt, für das Amt des Bürgermeisters zu kandidieren. Er siegt und nimmt den Kampf gegen bestechliche Politiker, verschlafene Beamte, fehlende Datenbanken und ein ungerechtes Steuersystem auf. Zehn Wochen lang hat der ebenfalls aus Thessaloniki stammende Filmemacher Dimitris Athiridis den charismatischen „Jung-Politiker“ begleitet. Heraus kommt ein Doppelporträt von Boutaris und seiner Stadt, die er nicht aufgeben will. Joachim Huber

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