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Thomas Gottschalk: Zum "Supertalent" zu gehen, war richtig!

"Wetten, dass..?" aufzugeben und zu RTL zu gehen, war ehrlich. Joachim Hubert meint: Thomas Gottschalk darf, ja muss nun gegen seine Vergangenheit antreten.

23 Jahre lang hat Thomas Gottschalk „Wetten, dass..?“ moderiert. Dann, nach dem schweren Unfall des Wettkandidaten Samuel Koch im Dezember 2010, hat Gottschalk seinen Abschied angekündigt. Es liege für ihn „ein Schatten auf der Sendung“, der es ihm nicht erlaube, „zu der guten Laune zurückzufinden“, die das Publikum „zu Recht“ von ihm erwarte. Vor einem Jahr hat Gottschalk nach einer (überdehnten) Abschiedstournee von „Wetten, dass..?“ endgültig losgelassen. Das war ehrlich, es war nobel, und es war richtig.

Es folgte ein Zwischenspiel als Vorabend-Entertainer bei der ARD. Wenig bis nix, Experiment abgebrochen, der 62-Jährige war blank. Kein Sender, keine Sendung – bis RTL kam. Mit der Teilhabe am „Supertalent“. Das ist das Format, wo Chefjuror Dieter Bohlen die Selbstüberschätzung von talentfreien Mitmenschen schreddert. Seit zwei Samstagen machen sie das zu dritt: Bohlen, Michelle Hunziker, Gottschalk.

Letzterer rechtfertigt sich, er sei ein Clown von Beruf und brauche den Auftritt. Er hätte auch sagen können, er wolle a) bei RTL Geld verdienen und b) bei Haribo Geld verdienen. Sein sehr üppiger Werbevertrag mit dem Bonner Süßwarenhersteller funktioniert nur dank Fernsehpräsenz. Kein Thommy auf dem Schirm – kein Goldbär in der Tasche. Gottschalk kennt das Fernsehgesetz Nummer 1: Wer nicht auf dem Schirm sichtbar ist, dem droht das Vergessen. Der einst so präsente wie erfolgreiche Johannes B. Kerner erfährt das gerade nachhaltig.

Thomas Gottschalk hat das „Supertalent“ nur ein bisschen besser gemacht, indem er als Schalldämpfer agiert. Wo Bohlen den Nicht-Talenten brüsk die Tür weist, gleiten sie auf Thommys Wortteppich sanft hinaus. Aber eine Exzellenzinitiative wird aus der Castingshow nimmermehr. Bohlen bleibt der RTL-Titan, Gottschalk ist erstmals die Nummer zwei auf der großen Bühne.

Muss jetzt Mitleid her?

Muss jetzt Mitleid her, gar Empörung, weil Gottschalk heute Abend gegen seinen Nachfolger, gegen den braven Markus Lanz bei dessen „Wetten, dass..?“-Premiere antritt? Mitleid kann gleich gestrichen werden. Gottschalk ist genau im richtigen Alter, um seinen Arbeitsplatz selbst zu definieren. Wenn er sich und seine Aufgabe ernst nimmt, dann agitiert er, ohne mit der Wimper zu zucken, mit dem „Supertalent“ bei RTL gegen „Wetten, dass..?“ beim ZDF.

Die Charakterfrage hätte sich bei Thomas Gottschalk nur gestellt, wenn er nach seinem begründeten Abschied von „Wetten, dass..?“ einen Grund vorgeschoben hätte, warum er beim ZDF-Klassiker wieder einsteigt.

Ein Unterhaltungsprofi ist ein Unterhaltungsprofi. Der singt dessen Lied, wessen Brot er isst. Wer anderes will, der bevorzugt „Supertalente“ im Witzischkeit-Sektor, der missversteht die Matadore im U-Fernsehen als Kuscheltruppe, der missachtet den Konkurrenzfaktor – und der hält Markus Lanz für ein Weichei, wenn am heutigen Samstag um 20 Uhr 15 der Kampf um die Zuschauer ausbricht. Sie sehen, bei Thomas Gottschalk gibt es der Irrtümer viele. Bitte, bitte wählen Sie den ihren aus!

PS: Nur bei einer Frage ist jeder Irrtum ausgeschlossen: Thomas Gottschalk hat dort, wo andere eine Frisur haben, nur Haare auf dem Kopf. Dass es die eigenen sind, darf selbst einen 62-jährigen Mann nicht trösten.

„Das Supertalent“, 20 Uhr 15, RTL

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