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Medien: Tiger in der Sauna

Künftig lassen die beiden Ukrainer Vitali und Wladimir Klitschko ihre Fäuste nicht mehr bei den Kirch-Sendern Sat 1 und Premiere, sondern im Zweiten fliegen. An bis zu 15 Abenden im Jahr werden sie, aber auch „Tiger“ Dariusz Michalczewski, Weltmeisterin Regina Halmich und Talente wie der gebürtige Kubaner Juan Gomez, fürs ZDF in den Ring steigen.

Künftig lassen die beiden Ukrainer Vitali und Wladimir Klitschko ihre Fäuste nicht mehr bei den Kirch-Sendern Sat 1 und Premiere, sondern im Zweiten fliegen. An bis zu 15 Abenden im Jahr werden sie, aber auch „Tiger“ Dariusz Michalczewski, Weltmeisterin Regina Halmich und Talente wie der gebürtige Kubaner Juan Gomez, fürs ZDF in den Ring steigen. Einen Fünfjahres-Vertrag hat der Sender mit dem Universum-Boxstall von Promoter Klaus-Peter Kohl abgeschlossen. Der „Spiegel“ will von einem zweistelligen Millionenbetrag erfahren haben, den die Mainzer für die TV-Rechte zahlen. Sicher ist, dass die Güte der Kämpfe entscheidet: Schlägt einer der Klitschkos zu, steigt der Preis, kämpfen die Talente, wird’s billiger.

Viel erwartet man sich auf dem Lerchenberg von diesem Deal. „Das Zweite wird zur ersten Adresse für die Fans von hochkarätigem Boxsport“, verspricht Chefredakteur Nikolaus Brender, der auch auf die heute startende, vierteilige Dokumentations-Reihe „Der Klitschko-Clan“ setzt (immer freitags, 21 Uhr 15). Die Protagonisten des Universum-Teams zu zeigen, vom Welt- bis zum Hausmeister, und dem Zuschauer dabei die Menschen hinter den Fäusten nahe zu bringen, das hatte sich der Autor Michael Harder zur Aufgabe gemacht. Und auch so manches Klischee galt es wohl zu widerlegen, mit dem der Boxsport „trotz der Erfolge des Gentleman-Boxers Henry Maske immer noch zu kämpfen hat“. Auch Harder, der Universum ein Jahr lang begleitete, gibt zu, dass „ich Boxen früher eigentlich nie gemocht habe“. Erst heute glaubt er zu verstehen, „warum die Boxer uns Journalisten häufig mit Scheu, ja mit Abscheu gegenübertreten“. Der „Tiger“ jedenfalls weiß, was Harder meint. „Es gibt immer noch Leute, die uns alle für kriminell halten, ich bin aber kein Krimineller“, ereifert er sich. „Ich habe hart dafür gearbeitet, Weltmeister zu werden, damit es mir und meiner Familie besser geht.“ Ob solchen Frustes verwundert es, wie nah der Weltmeister, aber auch die anderen Boxer den Filmemacher an sich heran gelassen haben.

Denn der war beinahe überall dabei, hat beim Sparring zugeschaut und in der Waschküche, wo sich die Hausmeisterin um die verschwitzen Klamotten der Boxer kümmert. Hat bei den Kämpfen am Ring gesessen und in Kiew mit Familie Klitschko auf dem Sofa bei Wladimirs Geburtstagsfeier. Hat die Tränen der Freundin von Ex-Weltmeister Bert Schenk gesehen, wenn ihm im Kampf das Gesicht zerschlagen wurde, und ist sogar Sunnyboy Gomez unter die Dusche gefolgt. Das alles klingt verdächtig nach Voyeurismus. Und doch darf man Harder das Kompliment machen, dass ihm eben nicht nur ein intimer, sondern vor allem ein sensibler Blick hinter die Kulissen gelungen ist. Nichts scheint gestellt, nichts inszeniert, und Anerkennung zollt auch der „Tiger“ selbst. „Mir ist es lieber, dass ich im Film zeigen kann, wie ich wirklich bin, als dass die Leute irgendeinen Mist über mich in der Zeitung lesen“, sagt er. „Früher habe ich den Journalisten oft mein Herz ausgeschüttet, und zum Dank hat man mir dann in den Arsch getreten. Harder aber hat unser Vertrauen nie enttäuscht.“

Vertrauen, das allerdings hart erarbeitet werden musste. Wochenlang hatte Harder den Boxern zunächst ganz privat zugesehen. „Warten, zuschauen, nicht stören“, lautete sein Motto. Geduld und Mühe aber haben sich bezahlt gemacht. In den besten Momenten, etwa wenn der „Tiger“, ein Badehandtuch um die Hüften, wütend sagt, dass seinem Trainer, der vergessen hatte, die Sauna vorzuheizen, wohl „Kekse und Kaffee“ wichtiger seien als das Wohl des Champions, dann ist die Kamera hier für diesen kurzen Augenblick kein Eindringling, der Zuschauer den Boxern kein Fremder mehr. Die Distanz ist dann einer Nähe gewichen, und das ist wohl weit mehr, als man von einem solchen Projekt erwarten konnte. Andreas Kötter

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