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Medien: Titas Jahrmarkt

„Polylux“ bekommt einen Ableger im RBB-Fernsehen

Von Barbara Nolte

Was finden die ARD-Oberen nur an Tita von Hardenberg? Erst wählten sie ihre Sendung „Polylux“ aus dem damaligen ORB-Dritten aus, um sie ins Erste zu entsenden, dann schoben sie sie von einem Programmplatz zu nachtschlafender Zeit direkt hinter die „Harald-Schmidt- Show“. Und von heute an bekommt „Polylux“ noch einen monothematischen Ableger im RBB-Fernsehen: „Monolux“. Ein Aufstieg, den weder Quoten noch Kritiken wirklich zwingend erscheinen lassen. Doch Tita von Hardenberg gilt in der ARD offenbar als Gegenmittel gegen alles Ältliche, das dem Senderverbund anhaftet. Und da hat der RBB, dessen Programm noch immer mehr das beschauliche West-Berlin als die neue Hauptstadt symbolisiert, besonderen Nachholbedarf.

Wenn man nur kurz reinzappt, wirkt „Monolux“ tatsächlich wie ein Jungbrunnen: Das Studio sieht aus wie eine Designer-Bar in Mitte, die Berichte erinnern mit ihrer Wackelkamera und den schnellen Schnitten an Küppersbuschs Kultmagazin „Zack“. Und Tita von Hardenberg selbst wirkt zwar in ihrer Art ein wenig künstlich, aber zumindest nicht piefig. Doch nach ein paar Minuten wird klar: Die neue Sendung ist erwartbarer als die 15. Wiederholung des RBB-Klassikers „Drei Damen vom Grill“. Der im Pressetext angekündigte „ungewöhnliche Blickwinkel“ beschränkt sich auf den ungewöhnlichen Kamerablickwinkel.

Die morgige erste Folge dreht sich um das Thema „Körperkult“. Zu sehen sind Menschen beim Nackt-Yoga und andere bei der sogenannten Body Suspension – in einer Lagerhalle in Lichtenberg lassen sie sich tatsächlich einen riesigen Fleischerhaken in den Rücken rammen und werden daran aufgehängt. Beides läuft bei „Monolux“ unter „neue Trends aus den USA“. Die Sendung ist in der Holzschnittartigkeit, in der sie den Begriff „Trend“ begreift, wie ihre eigene Persiflage.

Dann springt mit einem Urschrei Franz Konz ins Bild. Ein Mann, jenseits der 70, der mit über den Ohren hängenden Kirschen und einem Büschel Blätter im Mund die Wälder durchstreift. Er wird vorgestellt als der Begründer einer Bewegung, die gekochtes Essen verschmäht und sich ausschließlich von den Früchten des Waldes ernährt. Konz preist seine Potenz, mit der er seine 40 Jahre jüngere Ehefrau bei der Stange halte. Er ist offensichtlich ein Spinner. Und das ist es, was an „Monolux“ wie schon an „Polylux“ am meisten nervt. In den Sendungen gibt es nur zwei Typen Menschen: Trendsetter und Witzfiguren, wobei Letztere überwiegen. „Monolux“- Reporter haben Konz, sie haben die Nackt-Yogisten und Body-Suspender zwar nach ihren Motiven befragt, aber nur um sie als belächelnswert vorzuführen. Sie haken nie nach. Sie nehmen die Menschen nicht ernst. Für sie sind Interviewpartner bloßes Material, mit dem man mit gekonnten Schnitten und gut ausgewählter Hintergrundmusik ein kleines optisches Kunstwerk basteln kann. „Monolux“ fehlen echte Journalisten mit Neugier für alles Differenzierte, das das Leben erst interessant macht. Denn in jedem Spinner steckt ein Spießer, in jedem Spießer ein Spinner. Man muss zumindest danach suchen. So jedoch gerät die Sendung zum Skurrilitäten-Kabinett. Statt des versprochenen ungewöhnlichen Blickwinkels zeigt sie den ältesten der Welt: den des Jahrmarkts.

„Monolux“: RBB-Fernsehen, 21 Uhr 30

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