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Medien: Top-Spion in Super 8

ARD erinnert an Reinhard Gehlen und 50 Jahre BND

Er war „einer der einflussreichsten Strippenzieher der Nachkriegszeit“, ein „sagenhafter Top-Spion“ – so jedenfalls nennen Wolfgang Klauser und Ulrich Stein den langjährigen Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes, Reinhard Gehlen. Kaum etwas sei über Gehlen bisher bekannt – das soll sich nun ändern. Erstmals ist privates Bildmaterial verfügbar, erzählen seine längst erwachsenen Kinder über den „Mann im Schatten“. Prominente Zeitzeugen wie Helmut Schmidt, Rainer Barzel und Egon Bahr steuern Erinnerungen bei. Angekündigt ist ein spannendes Porträt eines Geheimdienstchefs, der so manches Mal außerhalb der Legalität agierte.

Und in der Tat: Eine außergewöhnliche Persönlichkeit war Gehlen allemal. In den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs kommandierte er als Generalmajor die „Abteilung Fremde Heere Ost“, einen militärischen Geheimdienst, der den sowjetischen Gegner ausspionieren sollte. Gegen Kriegsende ließ Gehlen fünfzig Kisten mit geheimen Akten in den Westen schaffen. Sein geheimes Wissen bot er den Amerikanern an. Gehlens Kalkül ging auf: Ab Ende 1946 durfte er einen neuen Geheimdienst aufbauen, zunächst kontrolliert von amerikanischem Militär, ab 1956 übernommen von der Bundesregierung. Ausführlich erzählen Klauser und Stein von diesen ersten Jahren, auch davon, wie Gehlen zahlreiche ehemalige Nazis in seinen Dienst aufnahm.

Gehlens private Super-8-Aufnahmen zeigen die üblichen Familienbilder: Spielende Kinder, die verlegene Ehefrau, der muntere Familienvater. Das ist auf Dauer nur mäßig interessant. Um Gehlens Arbeit zu illustrieren, inszenieren die Filmautoren sich drehende Tonbänder, konspirativ wirkende Männer, die sich etwas zuflüstern. Einmal auch ein Gewehr, es wird geschossen, ein Mercedes schleudert davon. Der Kommentar: Attentate auf Gehlen seien gescheitert.

Natürlich sei Gehlen gefährlich gewesen, sagt ein ehemaliger Geheimdienstler aus dem Ostblock. Deshalb habe ihn der KGB auch entführen wollen. Wir sehen, wiederum inszeniert, Männer, die mit Fernrohren beobachten. Aber sie ließen es dann doch bleiben, wegen Adenauers Annäherung an Moskau.

1961 kam heraus, dass einer von Gehlens engsten Mitarbeitern seit zehn Jahren für den KGB spioniert hatte. Heinz Felfe verriet alles an Moskau, was er in Pullach erfuhr. Kein Wunder, dass Gehlens Männer in Ostdeutschland entweder aufflogen oder nichts Wichtiges erfuhren. Eine Katastrophe für den BND-Präsidenten. Als der CDU-nahe Gehlen in den sechziger Jahren sogar hochrangige SPD-Politiker abhören ließ, war seine Zeit abgelaufen: 1968 wurde er pensioniert.

Das alles ist zwar interessant, doch bleibt die historische Bedeutung Gehlens unklar. Gerne hätten wir gewusst, ob Gehlen eigentlich nur nach Osten hin ermittelte, oder ob er auch seine zweite Schutzmacht, die USA, ausspähte. Weiter: Was bekam sein Geheimdienst über die Sowjetunion heraus? War der BND im „Kalten Krieg“ der Supermächte ein geeignetes Instrument?

Mag sein, dass eine inhaltliche Beurteilung des BND ein anderer Film wäre. Hier geht es um die Person Reinhard Gehlen. Nur: Gehlen ist als Person nicht richtig fassbar, wenn man sein Lebenswerk, den BND, nicht richtig einzuordnen vermag. So bleibt der „Top-Spion“ in diesem Film seltsam unscharf. Trotz der Super-8-Aufnahmen.

„Die Geheimdienstlegende – Reinhard Gehlen und der BND“; ARD, 21 Uhr

Eckart Lottmann

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