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Medien: Total authentisch

Schlingensief trifft Friedman, herauskommt „Kir Royal“

Christoph Schlingensief, 42, ist ein Enfant terrible, auch Michel Friedman, 46, ist ein Enfant terrible, und wenn zwei Enfants terribles aufeinander treffen („Durch die Nacht mit…“, Arte, 23 Uhr 35), dann putzt Schlingensief die Schuhe sauber ab, ehe er das Büro von Friedman betritt, die beiden umarmen sich und sagen „Du“ zueinander.

Nun geht’s mit der Limousine durchs dunkle Frankfurt. Lichter, Hochhäuser, Ampeln, dazu jazzig-meditative Musik wie aus den Jerry-Cotton-Filmen, Stopps in Museen und Restaurants. Große Großstadt.

Halt, da ist schon der Stamm-Italiener von Herrn Friedman.

Buona sera! Ciao! Wo sitzen wir? Grazie mille! Was willst du? Das ist meine Kantine. Scharfe Nudeln mit Knoblauch und Trüffeln? Wie kannst du scharf und Trüffel mischen! Hier lasse ich kochen! Ich gehe in die Küche! Ciao! Ich möchte mein Schnitzel gaaanz dünn und die Bratkartoffeln gaaanz kross! Macht Pasta für ihn. Grazie! Jetzt musst du umrühren, das Aroma der Trüffel! Grande portione. Genieße die Soße!

Schlingensief grinst: Ich lerne gerade, wie man das macht. Trüffel nie scharf! Das finde ich klasse. Nachher will ich Nudelkuchen. Hast du auch zwei Seelen?

Friedman: Ich habe eine Million Seelen! Ich bin sinnlich, absolut sinnlich! Ich fasse Menschen an! Ich will nicht geliebt werden. Ich liebe mich selbst, aber nicht narzisstisch, sondern authentisch!

Edda Baumann lässt die beiden reden, ihre Kamera beobachtet nur. Die Gesprächsthemen sind Elternhaus, Möllemann, Schule, Bananen, Opportunismus, Kunst, Sex – wie das eben so ist, wenn man von Kneipe zu Kneipe zieht.

Nun kommt Hannelore Elsner dazu. Friedman küsst, ich bin ja so stolz auf dich, umarmt, Frau Elsner möchte nichts essen. Natürlich willst du etwas essen! Wir wollen jetzt eine wirklich gute Flasche Rotwein!

Herr Friedman ist kaum noch zu bremsen, er doziert, belehrt, weist zurecht, interpretiert, korrigiert, verbessert, Schlingensief versucht es mal mit Ernst, mal mit Ironie, Frau Elsner versucht es mal mit Sanftmut und mal mit harschem Ruf: Du Arsch! Doktor Arsch, sagt Friedman, Doktor! So viel Zeit muss sein, zwei Jahre habe ich dafür geopfert!

Irgendwann gehen die drei zum Auto, Schlingensief: Du hast eine Wohnung in Paris, in Cannes, in Frankfurt, in Tel Aviv … Friedman: … und in den nächsten Monaten kaufe ich eine in New York. Elsner: Ach, Mischähl, whow!! Schlingensief: Ich hab’n Wohnmobil.

„Kir Royal“ als Film von Edda Baumann. Helmut Dietl hätte es wahrlich nicht besser machen können. Und die Beteiligten sind total authentisch. Man lernt sie ganz gut kennen. Norbert Thomma

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