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Tränen und Trash: Szenen einer Hochzeit

Sender sucht Show: Wie RTL den Josef und die Narumol ins Quotenglück jagt. Fiktive Szenen der Hochzeit aus Bauer sucht Frau.

RTL konnte dem Tagesspiegel aus produktionstechnischen Gründen keine Vorab-DVD der Sendung „Bauer sucht Frau – Die Traumhochzeit von Josef und Narumol“ zur Verfügung stellen. Stattdessen schickte der Sender am Tag nach der Trauung einen Erlebnisbericht über „die Traumhochzeit“ in die Redaktion. Die folgenden, fiktiven Szenen einer Hochzeit sind deshalb ohne jede Gewähr.

1. Szene

Pittenhart im Chiemgau. Ein kleines Dorf im bayerischen Hinterland, weite Felder, blühende Blumen, nichts für Allergiker, aber irre romantisch. Ein dicker Mann, der Regisseur, stolpert auf die Pittenharter Hauptstraße zu und wedelt hektisch mit beiden Armen. Auf sein Kommando setzen sich am anderen Ende des Dorfes zwei Kamerateams, zwei Pferde und eine Kutsche in Bewegung, darin das glückliche Brautpaar, heimlich flüsternd.

NARUMOL: Josef, schaun die Leut heute ganze Tag zu?

JOSEF: Wer?

NARUMOL: Die Kameraleut.

JOSEF: Bestimmt.

NARUMOL (verdutzt): Und warum?

Ein paar Meter später kommt die „buntgeschmückte, vierspännige Kutsche“ zum Stehen, die „ersten Tränen kullern der thailändischen Braut bereits vor der Kirche die Wangen herunter“ (RTL). Es vergehen nur wenige Sekunden, schon sind zwei Kamerateams und ein Taschentuch zur Stelle, um die Tränen aufzunehmen. Der dicke Mann schreit „Cut“, Braut und Bräutigam stehen erschrocken vor der Kapelle, der Dicke ist zufrieden, die drei gehen gemeinsam in die Kirche.

2. Szene

Nach der Trauung, auf dem Vorplatz der Pittenharter Pfarrkirche. Inka Bause, „Moderatorin der TV-Romanze“ und „Überraschungsgast“ (RTL), hat sich ein pinkfarbenes Dirndl angezogen und hüpft zwischen den Hochzeitsgästen umher. Dann sieht sie Narumol.

INKA BAUSE: „Narumol, danke für die Einladung und danke, dass du dich bei der Sendung beworben hast und das du so bist wie du bist. Damit hast du Josefs Herz und die Herzen von Millionen Zuschauern im Sturm erobert.“

NARUMOL: Ich ...

DER DICKE: Cuuuut, nochmal. Inka, das war gut, aber schau’ diesmal nicht in die Kamera.

INKA BAUSE (schaut diesmal nicht in die Kamera): „Narumol, danke für die Einladung und danke, dass du dich bei der Sendung beworben hast und das du so bist wie du bist. Damit hast du Josefs Herz und die Herzen von Millionen Zuschauern im Sturm erobert.“

NARUMOL (schaut abwechselnd Inka Bause und den Regisseur an): ...

3. Szene

Ein Sportplatz nur wenige Meter abseits des Festzelts. Vier Männer in Trachten lehnen am Geländer vor dem Fußballfeld, alle haben ein Bier in der Hand. Auf dem Feld drücken die Produktionshänger des Privatfernsehens ihre schweren Reifen in den Rasen, im Festzelt singt einer der Bauern der fünften Staffel „O sole mio“, wahrscheinlich der Italiener.

EIN MANN: Scheiß-Fernsehfuzzis.

DIE ANDEREN: Hmm.

Epilog

Und wenn Josef und Narumol heute nicht den Quotentod gestorben sind, wird RTL weiter Mittel und Wege finden, ihr Landwirt-Leben auszuschlachten. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, an dem das „Kult-Paar der fünften ,Bauer sucht Frau’-Staffel“ (RTL) es bitterlich bereuen wird, sich nicht im Urlaub, sondern im deutschen Fernsehen kennengelernt zu haben. So ein Leben im Ramsch-Rampenlicht macht fick und fertig.

„Bauer sucht Frau – Die Traumhochzeit von Josef und Narumol“, RTL, um 20 Uhr 15

Tim Klimeš

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