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Ein vergitterter Saal ist der Arbeitsplatz für die Näherinnen von KiK.

© NDR

TV-Dokumentation: Wer den Preis bei KiK bezahlt

Eine ARD-Dokumentation eröffnet Innenansichten einer Billigkette, die wie kaum ein anderes Unternehmen expandiert. Am Mittwochabend läuft der Film über die Machenschaften von KiK – vor der Ausstrahlung gibt der Textildiscounter Fehler zu.

Die Justitiare des NDR sind Kummer gewohnt. Sendungen wie „Panorama“ werden oft von aufwendigen juristischen Auseinandersetzungen begleitet. Im Falle des Textildiscounters KiK und seines öffentlichkeitsscheuen Geschäftsführers Stefan Heinig staunte man allerdings doch. Dass ein Unternehmen „mit solcher Dreistigkeit“ juristisch vorgehe, habe er selten erlebt, sagt NDR-Justitiar Klaus Siekmann. Nachdem „Panorama - die Reporter“ am 7. April ein Stück über die fragwürdigen Arbeits- und Kündigungsmethoden und die miese Bezahlung bei KiK gezeigt hatte, zettelte das Unternehmen an verschiedenen Gerichten einen Rechtsstreit mit elf Unterlassungsbegehren und einem Streitwert in Millionenhöhe an.

Eine Strategie, die in diesem Fall nach hinten losging. Die Mehrzahl der Unterlassungsbegehren wurde zurückgewiesen. Auch die Pressekammer Hamburg, die gemeinhin als betroffenenfreundlich (man könnte auch sagen pressefeindlich) gilt, stellte fest, dass der Chef eines solchen Unternehmens sich den Vorwürfen stellen müsse. Außerdem löste KiK damit weitere Recherchen aus: „Panorama“-Reporter Christof Lütgert fuhr ein zweites Mal nach Bangladesh, um noch mehr Beweise zu liefern für die menschenunwürdigen Bedingungen der KiK-Näherinnen.

So entstand ein zweiter Film, „Die KiK-Story – die miesen Methoden des Textildiscounters“, der am Mittwoch bei der ARD läuft. Er eröffnet Innenansichten einer Billigkette, die wie kaum ein anderes Unternehmen expandiert. Fast täglich eröffnen neue Filialen des 1994 gegründeten Textilriesen in Deutschland. In rund 2900 Läden wird Bekleidung zu Schleuderpreisen angeboten. Der Film zeigt, wie die Preise zustande kommen – und wie Menschen dafür teuer bezahlen müssen.

Der Zuschauer lernt vier Näherinnen in Bangladesh kennen, die mit 300 Kolleginnen in einen vergitterten Saal gezwängt werden, wo sie oftmals von 8 Uhr morgens bis 3 Uhr nachts arbeiten – für einen Lohn von 20 bis 30 Euro im Monat. Sprechen dürfen sie während der Arbeit nicht miteinander. KiK hatte zuvor bestritten, dass diese vier Frauen noch für das Unternehmen tätig sind. Auf seiner zweiten Reise konnte Christoph Lütgert zusammen mit seinem Team alle Details verifizieren, die Näherinnen gaben eidesstattliche Versicherungen ab. Es gelingt ihm sogar, in eine Fertigungshalle in Dhaka zu gelangen, wo er zahlreiche Produkte mit KiK-Label filmt. Ein äußerst heikler Moment ist die Begegnung mit einem todkranken Jungen, der bei einer der Näherinnen, seiner Cousine, wohnt. Hilflos muss sie mit ansehen, wie er abmagert, weil kein Geld für einen Arzt da ist. Quälend lange dauert es, bis man erfährt, dass das „Panorama“-Team UNICEF dazu bewegen konnte, den 9-jährigen Jungen in ein Krankenhaus zu bringen.

Zurück in Deutschland konfrontiert Lütgert den KiK-Geschäftsführer Stefan Heinig auch mit einem Foto des fast skelettartigen Jungen. Ohne einen Blick darauf grinst Heinig vor sich hin und verschwindet im Aufzug. Unter anderem die Ausstrahlung dieser Filmbilder hat KiK versucht zu verhindern. „KiK ist ein Goldesel, der jede Menge Dreck verursacht“, sagt „Panorama“-Redakteur Dietmar Schiffermüller. Erst am Dienstag räumte KiK ein: „In der starken Wachstumsphase haben wir uns ganz auf unser Kerngeschäft konzentriert und sicher Fehler gemacht. Dies bedauern wir außerordentlich.“ KiK wolle sich nun „völlig neu positionieren und in Zukunft einen konstruktiven Dialog mit der Öffentlichkeit führen“. Die Erklärung betont, dass KiK „sichere Arbeitsplätze mit Perspektiven“ schaffe, gibt aber keine Hinweise darauf, was das für die Beschäftigten in Deutschland und die Näherinnen und Näher in Bangladesh bedeutet.

„ARD-exclusiv: Die KiK-Story – die miesen Methoden des Textildiscounters“, 21 Uhr 45, ARD; „Panorama – die Reporter: Die KiK-Story 2“, NDR, 22 Uhr 35

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