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Kommt Zeit, kommt Experte. Über Trainerjobs schweigt sich Klinsmann aus.

© RTL

TV-Experte: Auf der hellen Seite

Analyse statt Polemik: Jürgen Klinsmann ist nun auch einer der zahlreichen WM-Experten.

Hartes Training oder Naturtalent? Unterhält er, erzählt er was Neues oder nervt er einfach nur? Der Experte. Wenn es darum geht, die so genannten Fernsehexperten beim Fußball zu beurteilen, gibt es so viele Meinungen wie Stammtische in Deutschland. In dieses Fadenkreuz, ins illustre Lager der Netzers, Kahns und Klopps hat es nun auch Jürgen Klinsmann verschlagen. Nächste Woche fliegt Klinsmann von seiner Wahlheimat Kalifornien aus nach Südafrika, um dort für RTL insgesamt neun Spiele bei der Fußball-Weltmeisterschaft zu analysieren. Was ganz praktisch ist, da sich der Fußballtrainer nach seinem letzten Engagement bei Bayern München zurzeit in einer Orientierungsphase befindet.

Zuletzt war Klinsmann für den Posten als Nationaltrainer der USA im Gespräch. „Es ist alles möglich, was nach Südafrika kommt, da bin ich auch selbst neugierig“, antwortete Klinsmann in einer Telefonkonferenz auf die Frage aller Fragen, die nach neuen Trainerjobs. Jetzt freue er sich erst mal darauf, als WM-Experte an der Seite von RTL-Moderator Florian König „rüberzubringen, warum gewisse Dinge passieren, ein Spiel zu lesen.“ Ohne Polemik, ohne plumpes Daherreden. „Klinsi“ halt. Man darf gespannt sein, wie sich diese zahmere Art beim Zuschauer bewährt, verglichen mit dem anderen RTL-Experten, mit Jürgen Klopp, der die WM-Spiele für den Privatsender von Deutschland aus mit Günther Jauch kommentiert. „Kloppo“ haut gerne mal einen ungewöhnlichen Spruch raus.

Von Klinsmann hört man immer auch Sätze wie „Jedes Spiel ist eine Momentaufnahme“, „Deutschland kann eine gute Rolle bei der WM spielen“, „Vertrauen in die jungen Kerle“ oder „vor Ort bekommt das eine ganz eigene Dynamik“. Selbst wenn die Mannschaft nicht so viel Erfahrung habe wie die von 2006, Joachim Löw habe trotz aller Verletzungsmisere eine „schlagkräftige Truppe“. Die guten Entwicklung der Spieler von Bayern München in dieser Truppe und jüngst im Verein wollte er nicht kommentieren: „Nee, da möchte ich mich eigentlich nicht zu äußern.“ Klinsmann war im April 2009 nach neun Monaten als Bayern-Trainer spektakulär entlassen worden. Danach hatte man lange nichts von ihm gehört.

Jetzt der „entspannte“ Job bei RTL. Es ist nicht davon auszugehen, dass Klinsmann das deutsche Fernsehexpertenwesen im großen Stil voranbringen wird. 2002 war der Weltmeister von 1990 fürs ZDF bei der WM in Japan und Südkorea im Einsatz. Fans erinnern sich, dass Klinsmanns Beiträge über das Maß des für alle Zuschauer Ersichtlichen selten hinausgingen. Was im Grunde genommen aber für die meisten Experten gilt, sogar für den ZDF-Mann Oliver Kahn. Und da sind ja auch noch die Herren Bobic, Basler, Lattek, Littbarski oder Thon, auf ARD, ZDF, RTL oder Sport 1. Kaum ein Ex-Profi, Ex-Trainer, der in den nächsten Wochen nicht vor die Kamera kommt und beurteilen darf, ob Löw die richtigen Spieler aufgestellt hat oder nicht, schon heute abend in „Waldis WM-Club“.

Immerhin, Klinsmann hat „regelmäßigen Kontakt zu Joachim Löw“, seinem Kotrainer beim Sommermärchen 2006. Ein bisschen von der damaligen Stimmung wird Klinsmann wohl auch jetzt als Kommentator in die Wohnzimmer bringen wollen. Sogar mit der „Bild“-Zeitung hat er bei der Telefonkonferenz am Dienstagabend gesprochen. Klinsmann wurde lange Zeit eine Abneigung gegen das Blatt nachgesagt. „taz“-Reporter waren beim Pressetermin aber offenbar nicht dabei. Die Zeitung hatte Klinsmann 2009 in seiner Zeit als Bayern-Trainer in einer Karikatur in Anlehnung einer Monty-Python-Parodie mit dem Text „Always Look on the Bright Side of Life“ am Kreuz genagelt dargestellt. Dann doch mal lieber Fernsehexperte. Markus Ehrenberg

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