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© MDR/HA Kommunikation

TV-Krimi: Diagnose Mord

Ein MDR-„Polizeiruf“ aus Halle bedient sich aus der Stoffsammlung der Sachsenklinik

Der junge Mann auf dem Fahrrad hat es eilig, sehr eilig. Da bleibt keine Zeit, den Drahtesel erst anzuschließen, bevor er in die Arztpraxis stürmt – um dort ohne große Worte gleich wieder fortgeschickt zu werden. Einige Minuten später findet Arzthelferin Marion Menge ihren Arbeitgeber Dr. Thomas Kugler tot hinterm Schreibtisch liegend, nachdem sich der übernervöse junge Mann kurz zuvor im Flur an ihr vorbeigedrückt hat, um dem Tatort ganz offensichtlich zu entfliehen. Ein neuer Fall für den „Polizeiruf 110“ aus Halle. Der Arzt, erfahren die beiden Kommissare Schmücke und Schneider, hat häufiger Menschen ohne Pass oder Krankenkarte behandelt. Als dann klar wird, dass Medikamente und Blankorezepte entwendet wurden, deutet erst recht alles auf Beschaffungskriminalität hin. Zumindest dem ersten Eindruck nach.

Der 42. Fall des eingespielten Ermittlerteams Schmücke (Jaecki Schwarz) und Schneider (Wolfgang Winkler) ist sicherlich kein schlechter „Polizeiruf“, aber auch kein wirklich guter. Dafür sind die Figuren (Buch: Renate Ziemer, Hans-Werner Honert; Regie: Jorgo Papavassiliou) etwas zu holzschnittartig gearbeitet. Das Opfer war eine Art Mutter Theresa von der Saale, wie Hauptkommissar Herbert Schneider schnell erkennt. Da konnte sein Umfeld – Thomas Kugler (Johannes Gabriel) teilte sich die Gemeinschaftspraxis mit seiner Frau Doris (Sandra Speichert) und seinem Studienfreund Dr. Lothar Winter (Markus Knüfken) – nicht mithalten. Und wollte es auch gar nicht. Die allzu warmherzige Arzthelferin Marion Menge (Floriane Daniel) hat zudem zu nah am Wasser gebaut, vor allem, wenn man mit einem Mann wie dem halbseidenen Unsympathen Robert (als echtes Ekel: Michael Schenk) verheiratet ist. Ein Stoff, der zur Sachsenklinik der MDR-Dauerserie „In aller Freundschaft“ passen könnte.

Jahreszeitlich passt dieser „Polizeiruf“ ohnehin besser zum Motto „Weg mit dem Winterspeck“. Die Hallenser Ermittler können froh sein, dass sie es nicht nur mit einer weitgehend statischen Handlung ohne unerwartete Wendungen zu tun haben, sondern auch nicht gezwungen werden, Verfolgungsjagden zu Fuß zu bestehen. Die Herren Hauptkommissare sind um die Mitte doch recht füllig geworden, was freilich auch für einige „Tatort“-Kollegen wie Freddy Schenk (Dietmar Bär) aus Köln gilt. So erzählt dieser „Polizeiruf“ in erster Linie eine Kriminalgeschichte, deren Auflösung glücklicherweise bis zum Ende offen bleibt. Die Themen Drogenkriminalität, illegale Einwanderung, Abschiebung und moralische Werte werden allenfalls angeschnitten. Denn dass Raubtierkapitalismus, Ausbeutertum und grenzenloser Egoismus längst in der Ex-DDR angekommen sind, ist nun tatsächlich nicht neu. Kurt Sagatz

„Polizeiruf 110: Schatten“. 20 Uhr 15, ARD

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