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TV-Kritik: Ohne Wahn und Sinn

Trotz Hilary und Heidi: Thomas Gottschalk bleibt mit „Wetten, dass ...?“ unter seinen Möglichkeiten.

Vielleicht sollte diese Fernsehkritik zur „Wetten, dass ...?“-Ausgabe vom vergangenen Samstag von US-Schauspielerin Hilary Swank geschrieben werden. Sie war einer der prominenten Gäste, saß auf der Couch, und wenn die Kamera sie einfing, dann schaute sie fassungslos. Vielleicht würde Swank, die zwei Oscars gewonnen hat, schreiben: „Drei Stunden nur Irre, die dummes Zeug gemacht haben.“

Doch damit läge Hilary Swank falsch. Die 186. Ausgabe der Show hatte nur wenige Irre – und die machten kein dummes, sondern langweiliges Zeug. Nach den leichten Ausrutschern nach oben ist Thomas Gottschalk wieder in der Mittelmäßigkeit angekommen: Nichts war richtig schlecht, nichts war richtig gut, und zusammengenommen ist das zu wenig, um am Samstagabend zu verblüffen.

Gottschalks Credo, es allen recht machen zu wollen, führt zuweilen zu bizarren Gästekonstellationen. Diesmal aber führte es in eine Belanglosigkeit, die mit „großer Show“ nicht vereinbar ist. Alles war Konsens: Bon Jovi spielte den gleichen Schlagerrock wie Eros Ramazotti wie Ich+Ich – einzig die Sprachen klangen anders. Die Gäste auf der Couch entsprachen exakt der Reihenfolge eines Boulevardblatts: Heidi Klum für deutsche Prominenz, Simone Thomalla für das Nackte, Mario Gomez für den Sport, Hilary Swank für den internationalen Touch – und die Katastrophe waren die Wetten, denen jeglicher Wahnsinn fehlte.

Wäre all das vermeidbar gewesen? Hätte man im Vorfeld beim ZDF ahnen können, dass das diesmal nichts wird? Es gibt doch Menschen, die die Wetten auswählen, es gibt doch Menschen, die die Gäste einladen, es gibt doch Menschen, die sagen, wer sich wann auf das Sofa setzen soll. Und diese Menschen scheinen es für eine gute Idee gehalten zu haben, die einzigen Gäste, die etwas Anarchie und Wahnsinn und Witz in die Sendung brachten, als Letzte herein zu lassen: Oliver Welke und Martina Hill, die mit ihrer „Heute Show“ im ZDF für Furore sorgen. Als Hill und Welke kamen, entstand ein Hauch von Unterhaltung – aber dass Martina Hills Heidi-Klum-Parodie eine Sensation ist und über manches an diesem Abend hinweggeholfen hätte, das schien den Verantwortlichen nicht bekannt zu sein. Hill und Klum von Beginn an – das wäre eine Möglichkeit gewesen, so aber blieb die Show drei Stunden lang unter ihren Möglichkeiten. Auch Michelle Hunziker, die Entdeckung der vergangenen Ausgaben, konnte oder durfte nicht so, wie sie wollte – sie musste dann auch noch dumme Witze über das Verhältnis zu ihrem Ex-Mann Eros Ramazotti ertragen: dass eine Frau und ein Mann sich mal geliebt haben, sich trennen, aber gut miteinander auskommen – das scheint in der Unterhaltungswelt des ZDF nicht vorgesehen zu sein. Diese Welt, das bewies „Wetten, dass ...?“ wieder einmal, ist aber auch leider sehr klein.

Scheint aber zu reichen: Der künstliche Streit zwischen „Wetten, dass ...?“ und „Deutschland sucht den Superstar“ und die ewige Frage, wann eine andere Show das Denkmal stürzen könnte, ist entschieden. Das Denkmal stürzt nicht, es wankt nicht einmal, es steht: 10,74 Millionen Zuschauer sahen Thomas Gottschalk (33,8 Prozent Marktanteil); 5,46 Millionen (16,8 Prozent) holte Herr Dieterbohlen für RTL, und damit ist der Beweis erbracht, dass es nichts gibt, was „Wetten, dass ...?“ den Rang streitig machen kann. Auch „Schlag den Raab“ auf ProSieben wird das nicht schaffen. Das ist allerdings nicht schlimm, sondern beweist wieder einmal nur, dass die Quote kein Indiz für Qualität ist – im Negativen nicht und im Positiven auch nicht.

Die Qualität dieser „Wetten, dass ...?“-Sendung spiegelte dann aber schließlich doch der Gesichtsausdruck von Hilary Swank wieder: Die Schauspielerin saß verloren zwischen deutschen, nun ja, Prominenten, anfangs wirkte sie bemüht, ihre Rolle zu spielen (die des gut gelaunten Hollywoodstars), aber selbst das gelang ihr irgendwann nicht mehr. Als Thomas Gottschalk sich verabschiedete, mit dem Hinweis, dass in der nächsten Show die Band „Kiss“ auftreten würde, was ihn dazu veranlasste, kurz mal die 70er Jahre zu glorifizieren und dann auch noch ein Kiss-Zitat in die Kamera zu brüllen: „I was made for loving you, baby!“, da schaute nicht nur Oliver Welke etwas peinlich berührt. Da war es dann tatsächlich so wie bei einer Familienfeier, auf die keiner Lust hat – und wenn Opa anfängt, von früher zu erzählen, dann ist das für alle das Aufbruchssignal. Aber ach, wo soll man denn hingehen, in dieser kleinen Welt der deutschen Samstagabendunterhaltung?

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