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Lars Reichow moderiert "Spätschicht - Die Comedy Bühne" und war vorher auch in "Mainz bleibt Mainz" zu sehen.

© DPA

TV-Kritik "Spätschicht - Die Comedy Bühne": Comedy im Fegefeuer der Humorlosigkeit

Die ARD beglückt die Zuschauer in der "Comedy Bühne" mit Altherrenwitz und Humor-Hilfsarbeitern. Aber es gibt auch einen Lichtblick.

Humor im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, eigentlich durch die Bank tränentreibend und trist. So amüsant wie Krätze und Durchfall, garniert mit 42 Grad Fieber. Selbst wer den Schenkelklopfer als legitime Maßeinheit für ordentlich tiefergelegtes Lachniveau akzeptiert, wird bei ARD und ZDF, wo man ja bekanntlich in der ersten Reihe sitzt – und nach bisschen Humor Ausschau hält – also bei den beiden Anstalten des öffentlichen Rechts meistens eines besseren belehrt. Schon beim etwas altgedienten und ausgelutschten "Satire Gipfel" führen schon seit längerem die beiden Humor-Diktatoren Altbackener Altherrenhumor und Unkomische Betroffenheitsblödeleien ein knallhartes Regime des verbissenen Nicht-Lachens. Aber auf der nach unten offenen Witzlos-Skala geht es immer noch etwas tiefer runter in die unterirdischen Höhlen unterirdischer Comedy. Die neueste Folterkammer in der TV-Vorhölle: "Spätschicht - Die Comedy Bühne". Bis vor kurzem fristete diese Resteverwertung deutscher Schmunzelkunst ihr trauriges TV-Leben im SWR, moderiert von der Komik-Fachkraft Florian Schroeder. Dann hatten die ziemlich gewitzten Programmverantwortlichen der ARD eine zündende Idee.

Was im SWR läuft und nicht zu einer Revolution des gerne lachenden Zuschauer Prekariats führt, das kann auch im Nationalen Programm ungestört und vor allem verdammt billig dafür sorgen, die Sendeminuten zu füllen. Als neuer Moderator gibt sich jetzt Lars Reichow die Ehre, ein Musikkabarettist, der schon in so ausgewiesen komischen Sendungen wie "Mainz bleibt Mainz" oder "Lachen mit Lars" oder "Alles muss raus" für bauchfellerschütternde Lachanfälle sorgte. Nach einer ziemlich gewagten Einführung: "Willkommen in der Spätschicht. Willkommen im Comedy-Paradies Deutschland. Wir haben die besten Gäste, wir haben die besten Talks, und das Dritte habe ich vergessen." kommen die besten Gäste, die es im Witz-Land Deutschland so gibt, auf die Bühne.

Resteverwertung der Privatsender

Humorurgesteine wie Bernd Stelter und Bodo Bach und Günter Grünwald. Ein Lichtblick ist immerhin auch da. Sascha Grammel, der Einzige, der auf seine Art - Bauchreden mit wirklich komischen Figuren - irgendwie Witzigkeit verbreiten kann. Aber das, was er zeigt, hat man leider schon mehrmals bei RTL gesehen. Das ist zwar auch beim vierten Aufguss immer noch komischer als der Rest der Sendung, aber kann sich die ARD wirklich keinen neuen Auftritt von Herrn Grammel leisten? Findet im Ersten die preisgünstige Resteverwertung der Privatsender statt? Über die anderen Humor-Hilfsarbeiter kann man eigentlich nur noch ein schwarzes Tuch des Schweigens ausbreiten. Und damit Sie nicht den Eindruck haben, Sie hätten glitzernde Perlen des Fernseh-Humors versäumt, hier die Hitparade der 3½ Gags, gut verteilt über 30 Minuten Sendezeit.

Zur Strafe ins Fegefeuer der Humorlosigkeit

Platz 3: Günter Grünwald als Familienmensch: "Dann haben sie den Buben, der Pyromane ist, in ein Internat getan. Dann war alles in Ordnung. Sie wissen das vielleicht, im Internat machen sie es so, da tun sie die Pyromanen immer mit den Bettnässern zusammenlegen. Was soll da dann noch groß passieren? Manchmal zischt es in der Nacht, das war es dann aber schon." Vor allem die anwesenden Väter brüllen vor Vergnügen. Platz 2: Bodo Bach als hessischer Normalo: "Ich hasse Tanz, Tanzen ist die albernste Form der Bewegung überhaupt. Sei mir nicht böse. Paartanz! Ich sage immer, eine schöne Frau tanzt alleine – an der Stange". Jetzt dürfen die Frauen mit milden Verständnis in sich hinein Grinsen. Platz 1: Bernd Stelter als Versicherungsangestellter Heiner Wiegand: "Wenn die Erde Fieber hätte, dann würde man auf dem Marktplatz von Osnabrück das Thermometer reinstecken." Gequältes Gruppengekicher.

Und spätestens jetzt kommt dem Kritiker eine gute Idee. Wenn es wirklich eine Gerechtigkeit gibt und einen Satan und eine Hölle, dann müssten die Verantwortlichen dieser TV-Schande eigentlich für lange Zeit im Fegefeuer der Humorlosigkeit schmoren. Und in einer Dauerschleife deutschen Fernsehhumor vorgeführt bekommen.

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