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TV-Kritik zu Maybrit Illner: "German Angst" beim Talk über das Internet

Statt über die schöne neue Internet-Berufswelt zu philosophieren, wird bei Maybrit Illner erst mal über die düstere Job-Gegenwart gejammert. Die Moderatorin begibt sich dabei auf die schleimige Spur der Lobhudelei.

Nach gefühlter und auch wirklich erlittener Talk-Dauerberieselung durch  Ukraine-Krieg und IS-Terror ist es mehr als wohltuend, wenn mal ein ganz anderes Thema auf der TV-Konversations-Legende erscheint. Und Maybrit Illner sitzt auch bei politikfernen Themen meistens gut im Sattel. Ihr droht kein Talkshow-Desaster, wie Frank Plasberg mit seiner Tingeltangel-Plauderei über Baumärkte. Es geht um Share Ökonomie.

Darum, das Konsumenten nicht mehr nur konsumieren, sondern auch selbst produzieren, also eigene  Wirtschaftsgüter oder eigene Leistungen anbieten. Der angesehene, amerikanische Ökonom Jeremy Rifkin sieht ganz tolle Zeiten auf uns zukommen. Teilen und Tauschen. Er weissagt: „Es beginnt ein neues Zeitalter, in dem wir Güter befristet und gemeinsam nutzen. (...) Wir stehen an einem der großen Wendepunkte der Menschheitsgeschichte.“ So viel Zukunftspathos. Nicht in einer deutschen Talkshow.

Nicht von ungefähr geistert der Ausdruck „German Angst“ durch diverse Feuilletons und Soziologische Diskussionen. Statt über die schöne neue Internet-Berufswelt zu philosophieren, wird erst einmal über die düstere Job-Gegenwart gejammert. Stichwort Karstadt. Obwohl die Krise des Kaufhauskonzerns nur über 20 Ecken und auf sehr verschlungenen Wegen mit dem Internet  zu tun hat. Nach erwartbarem Blabla der baden-württembergischen ver.di-Chefin Leni Breymaier macht Frau Illner etwas, das sie sonst eher vermeidet: Sie begibt sich auf die schleimige Spur der Lobhudelei.

Peter Altmaier als "geheimer Internetminister"?

Peter Altmaier, der Chef des Bundeskanzleramts, wird zum „geheimen Internet-Minister dieser Regierung“ hochgelobt. Und der politische Charmeur schlägt mit hoher Schöntuer-Rate zurück, glorifiziert die tollen Mediatheken der Öffentlich-Rechtlichen. Auch ein geheimer Internet-Minister sollte wissen, dass die Privaten auch Mediatheken besitzen und dass die meisten Sendungen nicht länger als eine Woche abrufbar sind. Aber dann geht’s, Gott sei Dank wieder zum Grundthema der Sendung.

Als Beispiel für Share Ökonomie darf der Gründer der Online-Plattform „WunderCar“ Gunnar Froh sein Geschäftsmodell präsentieren. Anders als die hochaggressiven Macher des Fahrdienstvermittlers „Uber“ sieht er die Notwenigkeit von gesetzlichen Regelungen. Leider verklärt er seinen Fahrdienst naiv und mit zu viel Gutmenschentum zu einer besonderen Möglichkeit, neue und tolle Menschen kennenzulernen. Wer schon mal dauer-muffige Taxifahrer in Berlin, München und Hamburg erlebt hat, kann auf diesen Kennenlern-Faktor ganz sicher verzichten.

Als dann wieder die übermächtigen Monopol-Konzernen Amazon, Google, eBay und Facebook beklagt werden, urteilt Jeremy Rifkin amerikanisch-pragmatisch. Internetunternehmen wie „Uber“ oder die Zimmervermittlung „Airbnb“ hätten eine begrenzte Lebensdauer und es sei ja nicht verboten, solche Unternehmen durch lokale Zusammenschlüsse zu ersetzen. Der Rest der Sendung vergeht mit dem ziemlich langweiligen verbalen Abwägen der positiven und negativen Seiten der Share Ökonomie.

Auf die Natur des Menschen, die die zukünftigen Wirtschaftskonzepte ganz massiv beeinflussen wird, wird nicht eingegangen. Immerhin hat Netzaktivistin Anke Domscheit-Berg einen ganz sensationellen Vorschlag. Die Piratenpartei fordert einen 3D-Drucker für jede Schule. Wahrscheinlich um damit kaputte Toiletten und defekte Waschbecken im Eigenbau schnell und unbürokratisch erneuern zu können. Wenn Politik auf Wirklichkeit trifft, dann gibt’s oft was zu lachen.

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