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Sandra Maischberger.

© Henning Kaiser/dpa

TV-Kritik zu "Menschen bei Maischberger": Verbale Fanatiker, sprechhungrige Diskutanten

Bei Sandra Maischberger ging es am Dienstag um das "Chaos im Orient". Schnell wurde jedoch klar: chaotisch ist vor allem die Sendung.

Gleich zu Beginn gibt Sandra Maischberger die neue Stoßrichtung vor. In der vorhergehenden Sendung wurde emotional über das Flüchtlingsproblem gestritten. Weil ein Großteil der Flüchtlinge aus dem Mittleren Osten kommt, wird in der aktuellen Sendung über die verworrene Lage dort, Krieg im Irak und Terror in Syrien gesprochen. Der Titel: „Religiöse Fanatiker, machthungrige Diktatoren: Chaos im Orient“. Falsche Reihenfolge. Umgekehrt wär’s besser. Erst über die Ursachen der Flüchtlinge und dann über die Flüchtlingsprobleme reden.

Der Anfang piano. Eine Talkshow, in der nicht getalkt wird. Auch Maischberger sendet, wie Jauch auch schon, zuerst einen Beitrag. Weltspiegel Extra. Der Titel: "Terror, Krieg und der Traum vom Kurdenstaat“. Gute Reportage. Aber als Einführungsstück für den Talk ungeeignet. Viel zu lang, 15 Minuten und 10 Sekunden. Viel zu speziell, keine klare und verständliche Erläuterung der Gesamtsituation. Dafür interessante, aber sehr spezielle Informationen. Warum sendet die Redaktion diesen Beitrag? Gibt es keinen anderen Sendeplatz? Kann die Redaktion kein eigenes Erklärstück produzieren? Dann geht’s los. Endlich. Leider kristallisiert sich schnell heraus, dass die Herren Jürgen Todenhöfer, Bestsellerautor, und Remzi Aru, Unternehmer und engagiert in der "Union Europäisch-Türkischer Demokraten", kein Gespräch suchen, sondern am liebsten ihre sehr eigenwilligen Thesen gebetsmühlenartig wiederholen.

Die Fernsehjournalistin Düzen Tekkal und der ehemalige ARD-Korrespondent Ulrich Kienzle versuchen tapfer, die Verbal-Flut aufzuhalten. Aber das ist wie mit einem Teelöffel eine Badewanne leerzumachen. Für Todenhöfer sind nur die USA an allem schuld. Kienzle nennt das Verschwörungstheorie. Obwohl die Türkei den Krieg gegen den IS dazu benutzt, vor allem gegen die PKK vorzugehen, will sich Todenhöfer nicht am Türkei-Bashing beteiligen. Aber Kienzle spricht es klar aus. Für ihn macht Erdogan Wahlkampf mit Kampfbombern. Erdogans AKP hat die Mehrheit verloren. Erdogan will keine Koalition eingehen. Erdogan versucht die kurdenfreundliche HDP wieder aus dem Parlament zu entfernen.

Jetzt platzt Remzi Aru. Ein Mann mit ziemlich gewöhnungsbedürftigen Ansichten. Für ihn ist die Presse in der Türkei viel freier als in Deutschland. Für ihn gibt es keinen stichhaltigen Beweis dafür, dass die Türkei den IS unterstützt. Und für ihn ist es bei einer 900 Km langen Grenze natürlich unmöglich, Waffenlieferungen oder die Einreise von IS-Kämpfern zu verhindern. Mit der kurdischen Jesidin Düzen Tekkal streitet Aru darüber, ob die Kurden in der Türkei alle Mitglieder der Terrororganisation PKK sind. Aber Aru hat noch mehr Weisheiten in petto. Erdogan ist Demokrat. Erdogan ist ein kurdischer Held. Die Türkei ist das beliebteste Land in der arabischen Welt. Und die Türkei ist das einzige richtige Vorbild. Kienzle sieht pessimistisch in die Zukunft. Die von den Kolonialmächten England und Frankreich gezogenen Grenzen werden nicht halten. Es wird noch lange Gewalt und Krieg in der Region geben. Und die Araber alleine werden diese Krisen nicht lösen können. Zum Schluss verliest Maischberger noch einen Aufruf von Todenhöfer. Nie wieder Krieg. Krieg ist nie eine Lösung von Problemen. Kienzle nennt das naiv. Nach der Sendung muss der Titel geändert werden. „Verbale Fanatiker, sprechhungrige Diskutanten: Chaos bei Maischberger.

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