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© dpa

TV-OSCAR: Mainz lacht

Ohne Reich-Ranicki, aber mit Qualität: der Deutsche Fernsehpreis mit dem Gewinner ZDF

Am Ende gingen zwei große Gewinner ohne Preis nach Hause: Bastian Pastewka und Anke Engelke, die am Samstagabend den Deutschen Fernsehpreis im Kölner Coloneum moderierten. Als Volksmusikpaar Wolfgang und Anneliese verkleidet führten sie durch die von Sat 1 ausgestrahlte Gala – und hätten dafür spontan einen Sonderpreis verdient. Denn ihnen gelang es, der von den Stiftern ARD, ZDF, RTL und Sat 1 vergebenen Auszeichnung endlich ihre Piefigkeit auszutreiben.

Gleich zu Beginn setzte das Duo Spitzen gegen die Kollegen, sang in braver Musikantenstadl-Manier böse Pointen: „Pro Siebens Giulia Siegel, die sucht ’nen neuen Schniedel“ und „Zwischen allen Sendern, da sehen wir sie schlendern/Pilawa, Pocher, Kerner, für Geld tun sie’s noch gerner“, um später darauf zu verweisen: „Der Deutsche Fernsehpreis hat ein großes Herz. Deswegen sind auch in diesem Jahr wieder ein paar Sendungen nominiert, die nicht so gut sind.“

Damit blieben Pastewka und Engelke bei der Qualitätsdebatte des deutschen Fernsehens, die Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki im vergangenen Jahr ausgelöst hatte, als er den Ehrenpreis ablehnte. Thomas Gottschalk, der für „Wetten, dass ...?“ für die beste Moderation einer Unterhaltungssendung erneut ausgezeichnet wurde und damit seinen zweiten Fernsehpreis gewann, konnte es in seiner Dankesrede nicht lassen, den Reich-Ranicki-Sprech nachzuäffen. „Dieser Preis ist eine Katastrophe für mich, aber hätte ich ihn nicht bekommen, wäre die Katastrophe noch größer gewesen“, sagte Gottschalk lispelnd – und machte sich selbst zum Affen. Auch der diesjährige Ehrenpreisträger Alfred Biolek wollte sich eine Anspielung nicht verkneifen. „Verehrter Marcel Reich-Ranicki, ich bitte um Verständnis, ich nehme den Preis an“, sagte der 75-jährige Talkmaster und Entertainer. „Es gibt vieles, was mir im Fernsehen nicht gefällt, aber ich stehe zu diesem Medium.“ Dass sich in diesem Medium seit Reich-Ranickis Auftritt nicht viel getan hat, sagte Biolek zwar nicht, aber dafür nutzten andere Preisträger ihre Dankesreden zu kritischen Statements. Dieses Jahr war es die wegen des Drehbuchskandals gekündigte NDR-Fernsehfilmchefin Doris J. Heinze, die Diskussionen auslöste.

Teamworx-Chef Nico Hofmann, der mit dem ARD-Film „Mogadischu“ den Preis für den besten Fernsehfilm bekam, plädierte für eine Zusammenarbeit mit starken Redakteuren, um eine neue Form der Solidarität zu schaffen. Autorin Silke Zertz, die für den Sat-1-Film „Wir sind das Volk“ fürs beste Drehbuch ausgezeichnet wurde, scherzte: „Mich gibt’s wirklich.“

Claus Kleber, der mit „Die Bombe“ den Preis für die beste Reportage holte, nutzte dagegen seinen Auftritt, um sich für ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender stark zu machen, dessen Vertragsverlängerung die konservative Mehrheit im ZDF-Verwaltungsrat verhindern will. Ein Chefredakteur, der über Schablonen hinausdenke, sei Gold wert, sagte Kleber. ZDF-Intendant Markus Schächter lächelte zufrieden. Seine Stimmung wäre auch schwer zu trüben gewesen: Mit insgesamt zehn Preisen, unter anderem holte Josef Harder für „Ein halbes Leben“ den Preis als bester Schauspieler, war der Mainzer Sender großer Gewinner. Acht Preise gingen an die ARD, so wurde Senta Berger für das ARD-Drama „Schlaflos“ als beste Schauspielerin ausgezeichnet. Einen Preis bekam 3sat, zwei gingen an RTL und nur drei an Sat 1 – was zeigt, dass der Privatsender als diesjähriger Ausrichter des Preises keinen großen Bonus erhielt.

Die Zuschauer interessierte herzlich wenig, wie sich die Branche selber feierte. Nur 1,34 Millionen schalteten die Sat-1-Übertragung ein. Sonja Pohlmann

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