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Kein Todesoscar. Der Dokumentarfilm „Die Jungs vom Bahnhof Zoo“ von Rosa von Praunheim erzählt die Geschichte von jungen Männern auf dem Berliner Straßenstrich. Foto: RBB

© rbb/Rosa von Praunheim Film/Mark

TV-Oscar: Straßenjungs, Tatortreiniger

Grimme-Preise für ausgezeichnete Filme und außergewöhnliche Comedy. "Auf diesen Preis habe ich 40 Jahre gewartet", sagt Rosa von Praunheim.

Das Warten hat sich gelohnt für Rosa von Praunheim. Der Berliner Filmemacher erhält für seinen in Zusammenarbeit mit dem Rundfunk Berlin-Brandenburg entstandenen 90-minütigen Dokumentarfilm „Wir Jungs vom Bahnhof Zoo“, der die Geschichte von fünf jungen Männern auf dem Berliner Straßenstrich erzählt, einen Grimme-Preis. „Ich warte ja schon seit 40 Jahren auf den Preis, und jetzt, mit meinem 70. Film, bekomme ich ihn, hoffentlich kein Todesoscar“, sagte der Regisseur am Dienstag. Er freue sich besonders für die rumänischen Jungs, die er porträtiert habe, „die oft in unerträglicher Armut leben und nichts als Verachtung bekommen“.

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© NDR/rbb/Rosa von Praunheim Film/

Nichts als Anerkennung hingegen auch für die weiteren Preisträger dieser renommiertesten Auszeichnung für Fernseharbeiten in Deutschland. Filme wie die ARD-Produktion „Geschlossene Gesellschaft“ über den Missbrauch an der Odenwald-Schule seien Beispiele für „eindrucksvolle, zupackende und nachdrückliche Dokumentationen“, sagte der Direktor des Grimme-Instituts, Uwe Kammann, in Düsseldorf. Sie zeigten, dass es Zeit brauche, komplexe Zusammenhänge und differenzierte Wirklichkeiten dazustellen, um eine Annäherung an die Wahrheit zu finden. Insgesamt gehen in diesem Jahr sieben Preise an ARD-Sender, vier an das ZDF und einer an den Privatsender Tele 5. Die zwölf undotierten Grimme-Preise werden am 23. März bei einer Gala in Marl verliehen, die von Michael Steinbrecher moderiert wird. Die Besondere Ehrung der Stifter des Preises erhält Hannelore Hoger.

Kammann zeigte sich bei der Vorstellung der ausgezeichneten Produktionen „stark beeindruckt“ von diesem Preisjahrgang. Die ausgewählten Filme stünden für inhaltliche Breite, formale Vielfalt, professionelle Qualität und einen großen Reichtum an individuellen Handschriften. In der Kategorie Information & Kultur wird neben der Odenwald-Dokumentation auch „Alarm am Hauptbahnhof – Auf den Straßen von Stuttgart 21“ (ARD/SWR) ausgezeichnet. Weitere Preise gehen an die ZDF-Dokumentationen „The Other Chelsea“ über das Alltagsleben der Menschen im ukrainischen Donezbecken und „Mein Leben – Die Fotografin Sybille Bergemann“. Der einzige Preis für einen Privatsender geht in der Kategorie Unterhaltung skurrilerweise an den Sender Tele 5 für die außergewöhnliche Comedy-Sendung „Walulis sieht fern“, die von Philip Walulis in den Aus- und Fortbildungskanälen in München entwickelt wurde. Eine weitere Auszeichnung erhält die NDR-Serie „Der Tatortreiniger“, in der „Stromberg“-Star Bjarne I. Mädel einen Mann spielt, der nach einem Mord den Tatort säubern muss. In der Kategorie Fiktion wird der Film „Homevideo“ (ARD/NDR/BR/Arte) ausgezeichnet, der sich mit den Folgen von Mobbing im Internet auseinandersetzt. Der Preis geht an Regisseur Kilian Riedhof, Autor Jan Braren, Kameramann Benedict Neuenfels und die jungen Schauspieler Jonas Nay und Sophia Boehme. Zu den ausgezeichneten Fernsehfilmen gehören auch „Ein guter Sommer“ (ARD/HR) sowie der ZDF-Film „Die Hebamme – Auf Leben und Tod“.

Für den Film „Liebesjahre“ (ZDF) erhalten neben Regisseur Matti Geschonneck und Autor Magnus Vattrodt auch die Schauspieler Iris Berben, Peter Simonischeck, Nina Kunzendorf und Axel Milberg die Auszeichnung. Das Kammerspiel erzählt die Geschichte eines geschiedenen Ehepaares, das sich trifft, um sein früheres gemeinsames Haus zu verkaufen. Das von den drei Regisseuren Christian Petzold, Dominik Graf und Christoph Hochhäusler für die ARD entwickelte Projekt „Dreileben“ erhält einen Spezialpreis. Die drei 90 Minuten langen Filme spielen alle in einer thüringischen Kleinstadt, in der ein flüchtiger Gewaltverbrecher gesucht wird. Für Dominik Graf ist es bereits der zehnte Grimme-Preis. Der Regisseur ist der am häufigsten ausgezeichnete Preisträger.

Für Rosa von Praunheim ist das noch ein ungewohntes Gefühl, der erste Preis. „Der RBB arbeitet seit vielen Jahren eng mit Rosa von Praunheim zusammen“, sagt RBB-Programmdirektorin Claudia Nothelle. „Wir freuen uns mit ihm sehr über die Ehrung. Im November planen wir einen großen Dokumentarfilmabend für und mit Rosa von Praunheim.“ Zunächst wird am 29. März „Die Jungs vom Bahnhof Zoo“ ausgestrahlt.

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