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Wolfgang Beltracchi (rechts) porträtiert Harald Schmidt.

© 3sat

TV-Show mit Wolfgang Beltracchi: Fälscher auf Freigang

Der Kunstfälscher Wolfgang Beltracchi porträtiert in einer TV-Show Prominente im Stil großer Maler. Zum Auftakt wagt er sich an Harald Schmidt - mit dem Pinselstrich von Otto Dix.

Wolfgang Beltracchi und Harald Schmidt haben Spaß. Was denn mit dem ganzen Geld geschehen sei, fragt der Entertainer den verurteilten Kunstfälscher. Das habe die Bank „pulverisiert“, antwortet Beltracchi grinsend. Schmidt: „Man kann wirklich keinem mehr trauen.“ Am wenigsten natürlich Beltracchi selbst. Der heute 63-Jährige jubelte dem Kunstmarkt mit Hilfe seiner Ehefrau Helene hunderte gefälschter Bilder unter, prellte Käufer um Millionen und wurde deshalb im Oktober 2011 wegen bandenmäßigen Betrugs zu sechs Jahren Haft verurteilt.

"Ich kann jeden malen. Der Stil muss mir nicht liegen"

Aber Beltracchi ist Freigänger und übernachtet nur im Gefängnis. Autor Pino Aschwanden nutzte diesen Umstand, um eine originelle Idee umzusetzen: Beltracchi malt in der fünfteiligen 3sat-Reihe „Der Meisterfälscher“ vier Prominente und seine eigene Tochter im Stile verschiedener Maler. In 30 Fernsehminuten entsteht auf diese Weise jeweils ein Porträt. Der Auftakt ist kurzweilig, aber die Gewichte sind recht einseitig verteilt. Beltracchi, dessen nicht ganz unbekannte Biografie noch einmal ausführlich erzählt wird, steht im Zentrum. Und der stiehlt Schmidt mit unerschütterlichem Selbstbewusstsein geradezu die Show.

Nebenbei lernt der Zuschauer etwas über die Arbeitsweise von Otto Dix, über Lasur-Technik und die Art, wie einer der bedeutendsten Maler des 20. Jahrhunderts Menschen porträtierte. Beltracchi fertigt in Schmidts verwaistem Studio, wo die letzte Late-Night-Show im März produziert worden war, eine erste Skizze an und malt anschließend im eigenen Atelier weiter. Für die Feinarbeit muss Modell Schmidt noch einmal antreten, nach einer Woche ist das Porträt fertig. Fälscher-Handwerk wird zu unterhaltsamem Bildungsfernsehen, wenn das keine tätige Reue ist. Ob ihm Dix liege, fragt Schmidt Beltracchi. „Ich kann jeden malen, kein Problem. Muss mir nicht liegen“, brummt der frühere Fälscher.

Die Zuschauersympathien dürften Beltracchi sicher sein

Seine lässige Überheblichkeit hat ebenso Unterhaltungswert wie seine Fähigkeiten mit Pinsel und Farbe. Und die seit 21 Jahren miteinander verheirateten Beltracchis wirken unzertrennlich. Ohnehin dürfen sich Gauner, die vornehmlich reiche Kunden an der Nase herumführen, der Sympathie vieler Zuschauer sicher sein. Und auch der von Harald Schmidt: Beltracchi habe „die Seriosität des Kunstbetriebs, die ich immer schon vermutet habe, mit offengelegt“, ätzt er zu Beginn.

In der Kunstszene selbst sieht man das naturgemäß etwas anders. Blumig spricht Autor Aschwanden vom „Bad Boy der deutschen Kunstwelt“, dem „knisternde Ablehnung“ entgegenschlage. Deutsche Museen wollten Beltracchi zu Dreharbeiten nicht ins Haus lassen. Ohne Zweifel bietet 3sat einem prominenten Millionen-Betrüger erneut eine Bühne. Doch weder spielt sich Aschwanden als Richter mit bewertenden Kommentaren auf, noch lässt er Beltracchi ohne Widerspruch davonkommen. In Interviews stellt der Autor schnörkellos die richtigen Fragen. „Ich bin doch kein Verbrecher", empört sich Beltracchi und verneint ein schlechtes Gewissen: „Es gab ja keine Opfer.“ Aber die Signaturen zu fälschen, sei schon ein krimineller Akt gewesen.

Das Schmidt-Porträt signiert er mit seinem eigenen Namen – was die Kamera vorsichtshalber festhält. „In 100 Jahren weiß keiner mehr, wer Harald Schmidt ist. Aber so ein Bild von Beltracchi, das bleibt“, kommentiert der Maler trocken.

„Der Meisterfälscher“, 3sat, Samstag, 22 Uhr 05

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