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"70 Jahr, blondes Haar und 'ne Scheiß Frisur": Bernd Stelter macht sich über US-Präsident Donald Trump lustig.

© WDR/Dirk Borm

TV-Sitzung "Karneval in Köln": Viel Prunk, wenig Stunk und so gut wie gar keine AfD

Längst nicht so drastisch wie "Mainz bleibt Mainz". Die TV-Prunksitzung "Karneval in Köln" spart sich die ganz derben Verbalattacken. Aufgespießt werden dagegen sehr alltägliche Phänomene.

Die Fünf-Prozent-Hürde scheint der Kölner Karneval nicht zu kennen. Um in der Prunksitzung in Köln in die Bütt zu kommen, braucht man offenbar mindestens 25 Bühnenjahre Erfahrung. So wie Guido Cantz. Der Moderator von „Verstehen Sie Spaß?“ hat am Rosenmontag die Reihe der Büttenredner eröffnet und durfte NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft in der Kostümierung als Miss Liberty und den weniger auffällig gekleideten CDU-Oppositionsführer Armin Laschet im Saalpublikum begrüßen. Doch nicht nur in Sachen Bühnenerfahrung gab es am Rosenmontagsabend einige Parallelen. Auch in der Wahl der Themen fiel eine Ähnlichkeit besonders auf: Die linksrheinischen Humoristen haben offenbar größte Probleme mit fleischloser Ernährung. Dem TV-Publikum hat diese Kost offenbar geschmeckt: Mit 4,6 Millionen Zuschauer wurde "Karneval in Köln" nur von der "Tagesschau" und dem Publikums-Special von "Wer wird Millionär?" geschlagen. "Mainz bleibt Mainz" hatte sich am vergangenen Freitag allerdings mit 6,7 Millionen Zuschauern noch besser geschlagen.

Guido Cantz zum Beispiel bezeichnete sich selbst als Passivvegetarier, der sich nur von Tieren ernährt, die sich wiederum von Pflanzen ernähren. Heute seien jedoch schon Viertklässler Vegetarier. Das gehe so weit, dass sie nicht einmal mehr an Schnitzeljagden teilnehmen dürften. Aber auch Bauchredner Klaus Rupprecht, der mit seiner sprechenden Affenpuppe Willi die Bühne betrat, arbeitet sich auch Jahre nach dem Veggie-Day-Vorschlag der Grünen an der Ernährungsfrage ab. Am schlimmsten trifft es seiner Meinung nach Veganer, die dürfen nicht einmal an den Ballermann, weil da so tierisch gesoffen wird. „Vegetarisches Grillen ist wie Karneval in Mainz“, sagt er dann noch. „Es existiert, macht aber keinen Spaß“.

AfDler verlassen "Mainz bleibt Mainz"

Ganz fair ist das sicherlich nicht, zumal die Karnevalskonkurrenz aus Rheinland-Pfalz speziell mit der AfD deutlich härter ins Gericht gegangen ist als die Kölner. „Wir dürfen unsere Menschlichkeit und unser Mitgefühl nicht durch den Dreck ziehen lassen“, hatte Büttenredner Lars Reichow am Freitagabend in „Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht“ gesagt und ernst hinzugefügt: „Nicht von der ranzigen Faschistenbraut Marine le Pen und auch nicht von der Kräuterhexe Frauke Petry – es wird Zeit, eine Haltung anzunehmen.“

Als dann noch der als „Guddi Gutenberg“ auftretende Hans-Peter Betz in Mainz sagte, „Die AfD ist die Bremsspur in der Unterhose Deutschlands“, verließen der rheinland-pfälzische AfD-Landeschef Uwe Junge und sein Amtskollege aus Niedersachsen Armin-Paul Hampel den Mainzer Festsaal.

In Köln hingegen wollte man der AfD hingegen ganz offensichtlich keine Bühne geben. Selbst weitere acht Jahr mehr mit Angela Merkel als Bundeskanzlerin seien besser als die AfD, war die einzige Spitze in Bernd Stelters Beitrag zur Prunksitzung. Die übrigen Redner sparten diesen Gegner gleich ganz aus.

An einer Person kam jedoch an diesem Abend niemand vorbei: Donald Trump. Für Guido Cantz ist der US-Präsident schlicht ein Horrorclown. Dass Donald und Vizepräsident Mickey einmal Amerika regieren würden, hätte sich selbst Walt Disney nicht vorstellen können. Neben „der Liga der bekloppten Rechtsextremisten in Europa“ kann sich Bernd Stelter nur noch über den türkischen Präsident Erdogan mit seinen 2000 Beleidigungsklagen genauso aufregen. Für ihn ist Erdogan selbst „eine Beleidigung für die Demokratie“. Ein Witz bereitete den Kölner Narren besonderen Spaß: Dabei befinden sich Putin, Erdogan und Trump auf einem Kreuzfahrtschiff. „Das Schiff geht unter. Und wer wird gerettet?“ fragt Klaus Rupprecht und löst mit „Die Welt“ das Rätsel auf.

Zwischen Rockmusik und Tradition

Die Kölner Prunksitzung, das war ansonsten eine Mischung eine Mischung aus viel rockiger Mundartmusik von Bläck Fööss, Paveier, Klüngelköpp und Kasalla und Tradition – Stichwort Tanzmariechen. Den gleichnamigen karnevalskritischen „Tatort“ aus Köln haben die Narren dem WDR offensichtlich bereits wieder verziehen. Der Sender, der die Prunksendung für die ARD übertragen hat, wurde ebenso häufig geehrt wie das Festkomitee.

Neben viel „Kölle Alaaf“ gab es nur wenige Altherrenwitze. Marc Metzger wollte jedoch nicht ganz darauf verzichten. Er erzählte von seiner Frau und ihrem neuen Kleid. „Kann ich damit rausgehen“, habe sie ihn gefragt. „Na klar, draussen ist es dunkel“. Auch sonst sei seine Frau nett, „sie hat nur Probleme mit dem Denken“. Köln, 2017. Aber Metzger regte sich auch ansonsten gegen allzu viel Political Correctness und Leute auf, die bereits über die Bestellung einer Afri-Cola diskutieren wollen. Sein Rednerkollege Bernd Stelter nutzte die Prunksitzung, um die Saalgäste und TV-Publikum an ihre demokratische Verantwortung zu erinnern. „Wir gehen am 24. September bitte wählen und nicht zum Fischen. So ein Mist wie in England oder Amerika sollte hier nicht passieren.“

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