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Ursula von der Leyen (CDU) und Hillary Clinton gaben sich bei Günther Jauch keine Blöße.

© dpa

Clinton und von der Leyen: Hillary Clinton wirft bei Günther Jauch mit Floskeln

Hillary Clinton und Ursula von der Leyen sind zwei Frauen, die an die Macht streben. Doch bei Günther Jauch ließen sie sich kaum aus der Reserve locken. Unerschrocken gab sich die dritte starke Frau der Runde - Margot Käßmann.

Von Barbara Nolte

Vorfreudig twitternd flog Claus Kleber vom ZDF bereits vor drei Wochen zum Interview mit Hillary Clinton in die USA. „Zwischen zwei Mods für 7 Stunden nach New York? Crazy!“, schrieb er. Kleber nahm die beschwerliche Kurzreise in Kauf, denn prominente US-Politiker zu interviewen, gilt unter deutschen Fernsehmoderatoren als Ritterschlag. Dabei geraten die Interviews oft steif. Als Zuschauer glaubt man die Anspannung der Moderatoren zu spüren. Mitunter sogar ihren Wunsch, von den prominenten Politikern als ebenbürtig anerkannt zu werden.

In Abgrenzung dazu gab sich Günther Jauch am Sonntag betont salopp, als Hillary Clinton in seiner Sendung Station machte, um ihr Buch „Entscheidungen“ zu promoten, das gemeinhin als ihr Bewerbungsschreiben für das US-Präsidentenamt angesehen wird. „Wie gefällt Ihnen mein Anzug?“, fragte er sie zum Einstieg, um das Gespräch darauf zu lenken, dass bei Politikerinnen Äußerlichkeiten eine große Rolle spielen. Jauch könne an seinem Äußeren noch „arbeiten“, antwortete Clinton und lachte pflichtschuldig ihr dunkles Lachen.

Huldvoll lächeln, nicht aus der Reserve locken lassen

Da saß sie also, die Beine ausgestreckt: die Frau, die – vielleicht, wahrscheinlich - nach einem der mächtigsten Ämter der Welt strebt und am vergangenen Wochenende nach Berlin kam. Im Fernsehen kann man sich gut ein Bild machen von Menschen. Das machte Jauchs Sendung interessant. Aus der Reserve locken ließ sich Hillary Clinton am Sonntagabend im Berliner Gasometer aber nicht. Sie sprach mit ruhiger Stimme, unterstrich das Gesagte mit perfekt choreographierten Gesten. Und wenn die anderen aus der Runde auch einmal etwas sagten, lächelte sie geradezu huldvoll.

Nur weibliche Gäste

In Umkehrung üblicher Talkshow-Routinen waren ausschließlich weibliche Gäste geladen. Ein Mann, Jauch, fragte. Drei Frauen antworteten. Auf der Bühne saß beispielsweise die ehemalige EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann, die erfrischend unerschrocken mit Clinton umging. Sie finde es „nicht richtig“, sagte Käßmann, dass bin Laden einfach „abgeknallt“ und „die Leiche ins Meer geworfen“ worden sei. Ihrer Ansicht nach hätte er vor den Internationalen Gerichtshof nach Den Haag gehört. Clinton lächelte die Kritik einfach weg. Was kann ihr eine „Botschafterin für das Reformationsjubiläum 2017“ – so lautet Käßmanns aktuelle Berufsbezeichnung – schon anhaben? Clinton wirkte am Sonntagabend unglaublich souverän, was kein Wunder ist: In den Umfragen in den USA, wer der nächste Präsident werden soll, liegt sie vorn.

Nur ob sie überhaupt bereit ist, anzutreten, wollte sie wieder einmal nicht erklären. Auch Ursula von der Leyen, Deutschlands Verteidigungsministerin, die eingeladen war, weil sie als ähnlich ambitioniert gilt wie Clinton, verneint kokett lachend die Lust auf Merkels Stuhl. Stattdessen bemühte sich von der Leyen um viel transatlantisches Pathos. Deutsche und Amerikaner teilten Werte, die Beziehungen seien tief. Sie sprach mit fast übertriebener Betonung. Ihre Sätze klangen wie auswendig gelernt. Jenseits des üblichen innenpolitischen Gezänks wollte sie die Chance nutzen, sich einmal staatsmännisch zu geben - oder braucht es bald ein neues Wort?

Am Ende der Sendung stehen sie nebeneinander, Clinton und von der Leyen. Bewehrt mit Blumensträußen. Angetuckertes Lächeln. Sie haben zwar keine einzige originelle Antwort gegeben, aber sich auch keinen Fehler erlaubt. Und das ist ein weiterer Schritt auf ihrem Weg an die Macht.

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