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Medien: Überleben an der Ostsee

ZDF zeigt Dokusoap mit Menschen in „Meck-Pomm“

Ernie Noelle trägt Zopf und ist schon von Berufs wegen ein Gute-Laune-Mensch, aber beim Piercing seiner Mitarbeiter versteht der Club-Chef auf einem Kreuzfahrtschiff keinen Spaß. Thomas Lamla verlor bei einem Unfall als Rennfahrer in der DDR ein Bein. Heute ist er ein Selfmademan des Ostens, der Touristen in Peenemünde auf ein den Russen „abgeschwatztes“ U-Boot lockt. Auch Andreas Kühl hat nach mehreren Jobs und Arbeitslosigkeit investiert: in 200 Strandkörbe, die er nun auf Usedom vermietet. Katja Runge dagegen ist drauf und dran, „Meck-Pomm“ zu verlassen. Die Auszubildende im Hotelfach muss nur noch ihre Prüfung bestehen.

Mit den unterhaltsamen „Ostsee-Geschichten“ aus Mecklenburg-Vorpommern beweist das ZDF, was eine dokumentarische Serie (Neudeutsch: Dokusoap) bieten kann: kurze, unprätentiöse Blicke auf die Wirklichkeit, aufmerksam beobachtete und mit leichter Hand erzählte Episoden von nicht ganz alltäglichen Typen, kleine Stücke von der großen Torte Leben, nicht zu süß, nicht zu bitter. Leider hat das ZDF sein Urlaubs-Kaleidoskop zum Sommerausklang etwas seltsam programmiert: jeweils zwei Folgen an zwei Wochenenden, eine samstags , die andere sonntags.

In jeder der vier Folgen folgt die Kamera vier Menschen, alle haben etwas mit der Tourismusbranche im nördlichsten der fünf neuen Bundesländer zu tun. Das Gefälle ist groß und von den erfahrenen Dokuserien-Autoren Ulli Rothaus und Bodo Witzke („Frankfurt Airport“, „Das Bahnhofsviertel“) gewollt: hier das prunkvolle Kreuzfahrtschiff, dort das biedere Strandleben, hier die steifen Hotelfachprüfer, dort der skurrile Ex-Rennfahrer mit seinem rostenden U-Boot. Der Osten kommt als Gebiet des Aufbruchs rüber, freilich ohne dass jemand von blühenden Landschaften faseln würde. Doch der Grundton ist heiter. Von „,verhartzten’ Gegenden und zu kurz gekommenen Gestalten mit Grübelzwang“, wollten die Autoren nicht erzählen, sagen sie. Solches wäre wohl nicht ganz so dokusoaptauglich.

Das Trumpf-Ass der Reihe ist Sprecher Peter Sodann, eine populäre Stimme des Ostens. Der „Tatort“-Kommissar geht mit dem ZDF ein bisschen fremd und treibt die Geschichten mit sanfter Ironie und ebenfalls ganz ohne Grübelzwang voran. „Der Osten, das war eben mehr als eine Himmelsrichtung“, kommentiert er lakonisch den Lebensweg des Strandkorb-Vermieters. Mehr will man am Strand von Usedom auch gar nicht wissen.

„Ostsee-Geschichten“: ZDF, heute um 17 Uhr 55 und morgen um 18 Uhr 15

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