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Asow-Kämpfer in den "heute"-Nachrichten vom Montag um 19 Uhr - die Symbole des Bataillons sollen Wehrhaftigkeit demonstrieren

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Update

Ukraine-Konflikt im ZDF: Hakenkreuz und SS-Rune - Protest von Zuschauern

Das ZDF berichtet in "heute" über die Ostukraine, zeigt Kämpfer mit Hakenkreuz und SS-Rune am Stahlhelm. Kritiker rügen die "unkommentierte Verbreitung verfassungswidriger Kennzeichen". Der Sender weist die Vorwürfe zurück.

Von Matthias Meisner

Für den neuen Moderator Christian Sievers war es am Montag die erste "heute"-Sendung - und wegen dieser Sendung hat das ZDF nun gleich heftigen Ärger. Denn in der Sendung, in der auch ausführlich um den Ukraine-Konflikt ging, wurden auch Mitglieder des nationalistischen Asow-Bataillons gezeigt, das im Osten des Landes an der Seite der Regierungstruppen gegen die Separatisten kämpft. An ihren Stahlhelmen: Hakenkreuze und SS-Runen. Dazu der nicht wirklich einordnende Kommentar des Korrespondenten Bernhard Lichte: "Freiwilligenbataillone aus nahezu jedem politischen Spektrum verstärken etwa die Regierungsseite - und in der Ukraine ist Wahlkampf: Eine Friedenslösung ist dadurch nicht einfacher geworden."

Jetzt gibt es wegen dieses Vorfalls eine Programmbeschwerde - eingelegt von Maren Müller, die im Januar für ihre Petition "Raus mit Lanz aus meiner Rundfunkgebühr" deutlich mehr als 100.000 Unterstützer finden konnte. Sie sah damals die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht von Lanz in dessen Talkshow schlecht behandelt.

Diesmal fällt ihre Attacke gegen das ZDF nicht weniger kritisch aus. "Versagen" wirft sie dem Sender vor, weil es - anders, als wenn in Deutschland über neonazistische und faschistische Umtriebe berichtet werde -, keine Distanzierung gegeben habe. Die paramilitärischen Einheiten würden verharmlost als "Bürgerwehr", sagte Müller dem Tagesspiegel. Diese stellten aber in dem Fernsehbericht "den ganzen Dreck" zur Schau - Hakenkreuze, SS-Runen, auch das Wappen des Asow-Bataillons mit Wolfsangel und Schwarzer Sonne. "Wo leben wir denn?", fragte die Zuschauerin.

Das ZDF weist die Vorwürfe zurück. "Paragraf 86 des Strafgesetzbuches, der die Verbreitung von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen unter Strafe stellt, findet keine Anwendung, wenn das Propagandamittel zum Beispiel der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens dient", sagte ein Sprecher. Dies sei in dem Bericht der "heute"-Sendung "eindeutig der Fall" gewesen. "Darin wurden ukrainische Milizionäre mit Hakenkreuzen und ähnlichen Symbolen gezeigt, was im Text erläutert wurde. Der Reporter sprach von Hardlinern und Freiwilligenbataillonen aus nahezu jedem politischem Spektrum." Die Einstellungen seien als Bilddokumente verwendet worden, um zu zeigen, "dass auch auf ukrainischer Seite Kämpfer mit zweifelhaftem politischen Hintergrund anzutreffen sind".

SS-Rune am Stahlhelm - das Bataillon Asow in der Ostukraine stellt Nazi-Symbole offen zur Schau. In den "heute"-Nachrichten des ZDF gibt es dazu keinen kritischen Kommentar.
SS-Rune am Stahlhelm - das Bataillon Asow in der Ostukraine stellt Nazi-Symbole offen zur Schau. In den "heute"-Nachrichten des ZDF gibt es dazu keinen kritischen Kommentar.

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Maren Müller hatte nach ihrer Anti-Lanz-Petition die "Ständige Publikumskonferenz der öffentlich-rechtlichen Medien" gegründet, sie ist dort Vorsitzende. In ihrer Beschwerde schreibt sie namens dieses Vereins, unter der "verharmlosenden Zuschreibung der Kommentatoren des ZDF" würden rechtsextreme Symbole und Zeichen verbreitet, der Sender verstoße damit gegen seine eigenen Programmrichtlinien, die unter anderem festlegen, dass Sendungen "Orientierungshilfen zur Einordnung und Gewichtung der Informationen geben" sollen. Missachtet worden sei auch ein Abschnitt, in dem es unter anderem heißt: "Die Angebote sind zu einer kritischen Haltung allen undemokratischen Erscheinungen gegenüber verpflichtet." Insgesamt zählt neben Müller - neben einer ausführlichen Beschreibung der gezeigten Nazi-Symbole - sechs Punkte aus den Programmrichtlinien auf, gegen die mit dem Beitrag in der "heute"-Sendung verstoßen worden sei. Dazu gehört für sie auch die Passage, in der es heißt, dass die Angebote "keine verrohende und verhetzende Wirkung" haben dürfen.

Christian Sievers
Für den neuen Moderator Christian Sievers war es die erste "heute"-Sendung.

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Müller als Vorsitzende der "Publikumskonferenz" schreibt weiter, öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten seien zur inhaltlichen Vielfalt und Ausgewogenheit verpflichtet, "im Gegensatz zur Presse genießen sie keinen Tendenzschutz". Sie unterstellt, "die Nähe des ZDF zu regierungspolitischen Entscheidungen, bündnispolitischen Erwägungen" habe zu Berichterstattungen "verführt" wie im konkreten Fall. Es sei für den Sender "an der Zeit, den eigenen Anspruch an ethische Kodizes, Glaubwürdigkeit und Seriosität zu überprüfen".

In der "heute"-Sendung am Montag um 19 Uhr (Link zur Mediathek hier) ging es auch um das Seemanöver der USA und der Ukraine auf dem Schwarzen Meer und die Auseinandersetzungen um die ukrainische Hafenstadt Mariupol, von strategischer Bedeutung als möglicher Zugang Russlands auf dem Weg zur Krim. Sievers berichtete von der Lage in der Ostukraine, die weiter "hoch angespannt" sei. Eine Bewohnerin wird gezeigt, die klagt: "Das ist doch kein Waffenstillstand und es wird auch nie dazu kommen." Korrespondent Lichte sagte in der Sendung, der "permanente Machtkampf zwischen Hardlinern und Kompromissbereiten" erschwere die Lösung des Konflikts. Darauf, dass Rechtsradikale in großer Zahl die Regierungstruppen unterstützen, geht der ZDF-Reporter nicht ein. Insgesamt kämpfen in der Ostukraine mehr als 40 paramilitärische Gruppen auf Seiten Kiews, wie dieser Tage die Zeitung "Kyiv Post" berichtete.

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Vergangene Woche hatte auch der Westdeutsche Rundfunk Ärger wegen der Bebilderung des Ukraine-Konflikts - er illustrierte das angebliche Vorrücken russischer Truppen in die Ukraine erst im Internet und später auch in seiner TV-Sendung "Tagesgespräch" mit dem dpa-Foto einer Panzerkolonne, das im Kaukasus-Krieg 2008 entstanden war. Im Internet wurde das alte Panzer-Bild gelöscht, der WDR gab Fehler zu und entschuldigte sich dafür. Auch in dieser Angelegenheit hatte Müller formal Beschwerde eingelegt - diese wird von Intendanz und Rundfunkrat des Senders gegenwärtig noch geprüft.

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