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Umzugspläne: Wir bleiben hier

Zwei große Medienhäuser werden gerade mehr in Bewegung versetzt, als vielen ihrer Mitarbeiter lieb ist. Warum Mitarbeiter von Sat 1 und Gruner + Jahr nicht umziehen wollen.

Zwei große Medienhäuser werden gerade mehr in Bewegung versetzt, als vielen ihrer Mitarbeiter lieb ist. Der Sender Sat 1 und der Hamburger Verlag Gruner + Jahr (G+J) legen aus Kostengründen Abteilungen und Redaktionen zusammen: Sat 1 zieht von Berlin nach München-Unterföhring, wo die Pro Sieben Sat 1 Media AG ihren Hauptsitz hat. Die G+J-Magazine „Impulse“, „Capital“ müssen von Köln, „Börse Online“ von München nach Hamburg ziehen, wo sie zusammen mit der „Financial Times Deutschland“ eine Zentralredaktion bilden sollen. Gegen diese Pläne haben die Mitarbeiter jeweils in beiden Medienhäusern heftig protestiert. Nur sehr wenige Angestellte wollen am Ende tatsächlich umziehen.

Von den 220 Mitarbeitern aus Berlin, denen der Wechsel in die Konzernzentrale nach München-Unterföhring zum 1. Juli angeboten worden sei, hätten sich bislang um die 35 zu einem Umzug bereit erklärt, sagte Sat-1-Sprecherin Diana Schardt dem Tagesspiegel. Die anderen hätten bereits einen Aufhebungsvertrag unterschrieben oder würden ihn noch unterschreiben. Während die Zentralredaktion des Senders für Magazine und Frühmagazin komplett wird in der Hauptstadt bleiben wird, kann bei den vom Umzug betroffenen Bereichen festgestellt werden: Vom Sender Sat 1 geht mehr Personal nach München als beispielsweise von den Pro-Sieben-Sat-1-Holding-Bereichen Personal und Rechnungswesen. Es mag in diesen (Krisen-)Zeiten überraschen, aber nicht wenige der Ausscheidenden rechnen sich passable Chancen auf dem Berliner Arbeitsmarkt aus.

Noch etwas fällt auf: Je älter ein Mitarbeiter ist, je länger auch in Berlin, je familiärer gebunden, desto geringer fällt die Neigung aus, sich in München eine neue Existenz aufzubauen. Eine ausscheidende Mitarbeiterin sagte, sie werde mit der Abfindung ihre Immobilie schneller abbezahlen und sehe im sehr viel preisgünstigeren Berlin die Chance, sich erst einmal mit diesem oder jenem Job über Wasser zu halten, bis sich wieder die Chance auf eine Festanstellung eröffne.

Sprecherin Diana Schardt stellte in Abrede, dass der sehr kleine Tross von Berlin nach Bayern den künftigen Münchner Sender Sat 1 in Engpässe bringen werde. Vielleicht müsse der eine oder andere Mitarbeiter im neuen Unterföhringer Fernsehhaus an der Gutenbergstraße 3 bisherige Aufgaben anderer kurzfristig mitübernehmen, zugleich werde in München nach neuen Mitarbeitern gesucht werden.

Die G+J-Wirtschaftsmagazine wird es zwar weiter zu lesen geben. Doch schreiben werden hier künftig wohl kaum noch Redakteure aus der alten Besetzung. Von den mehr als 110 Mitarbeitern aus Köln und München wechseln voraussichtlich nur um die 30 in die Zentralredaktion nach Hamburg, sagte Joachim Haack, Sprecher der G+J-Wirtschaftsmedien. Vor allem von „Impulse“ und „Capital“ wollen kaum Redakteure umziehen – Grund dafür sind wie bei den Sat-1-Mitarbeitern aber weniger familiäre Gründe. Vielmehr sind es die Konditionen, zu denen gewechselt werden soll. Die Zentralredaktion wird nämlich unter dem Dach einer neuen GmbH gegründet. Dabei handelt es sich nach Ansicht von G+J nicht um eine reine Betriebsüberführung handelt, schließlich wurde mehr als 110 Mitarbeitern gekündigt. Sie sollen zu neuen Konditionen beschäftigt werden – angeblich zu schlechteren, heißt es vom Betriebsrat. Beispielsweise falle die Tarifbindung weg. Viele Mitarbeiter glauben deshalb, dass der Standortwechsel vor allem dazu dienen soll, sich von langjährigen und teuren Mitarbeitern zu trennen. „Viele fühlen sich in Hamburg nicht erwünscht“, sagte Uwe Berghausen, Betriebsrat in Köln. Die neuen Stellen für den Standort in Hamburg seien zeitgleich extern wie intern ausgeschrieben worden, den bisherigen Mitarbeitern also kein Vorteil gegeben worden. Insgesamt würden nur etwa 70 Stellen in Hamburg geschaffen.

Die Verhandlungen über den Sozialplan für die gekündigten Redakteure zwischen dem Betriebsrat in Köln und dem G+J-Management sind derweil gescheitert. Der Verlag will den Beschäftigten 0,9 Monatsgehälter pro Beschäftigungsjahr als Abfindung zahlen, zudem gibt es einen Härtefonds mit mehr als 100 000 Euro. Der Betriebsrat fordert allerdings 1,0 Monatsgehälter sowie einen Sockelbetrag von 35 000 bis 85 000 Euro je nach Alter der Beschäftigten. Am 10. März wird deshalb eine Einigungsstelle zum ersten Mal tagen, um eine Lösung zu finden. Zudem haben um die 30 Mitarbeiter beim Kölner Arbeitsgericht laut Betriebsrat Klage gegen ihre Kündigung eingereicht. Fest steht allerdings schon jetzt: Verhindert werden kann der Umzug nicht.

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